Haftbedingungen

Russland fordert von den USA menschenwürdige Behandlung von Gefängnisinsassen

Der Westen beschwert sich ständig über Haftbedingungen in Russland. Der aktuelle Grund ist Navalny, der sich über seine Haft beschwert. Aber wie sieht es mit den Haftbedingungen im Westen, vor allem in den USA, aus?

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums hat auf Beschwerden aus dem Westen über Navalnys Haftbedingungen reagiert und nach den Haftbedingungen in den USA gefragt. Davon, wie die USA mit Häftlingen umgehen, wird in westlichen „Qualitätsmedien“ nicht berichtet. In ihrer offiziellen Erklärung hat Maria Sacharova auch die Fälle von zwei Russen angesprochen, die in US-Gefangenschaft schwer misshandelt worden sind, worüber aber im Westen praktisch nichts bekannt ist.

Zu Navalny sei angemerkt, dass die westlichen „Qualitätsmedien“ behaupten, dass Navalny in einer „berüchtigten“ Strafkolonie untergebracht wurde. Da Navalny von Aktivisten im Gefängnis besucht und das auch gefilmt wurde, gibt es Bilder der „berüchtigten“ Strafkolonie. Wenn sich aber westliche Stellen zu den Bildern äußern, wird plötzlich behauptet, das wäre ein Mustergefängnis für die Kameras, in anderen Strafanstalten Russlands wären die Zustände hingegen katastrophal. Ja was denn nun? „Berüchtigte“ Strafkolonie oder Mustergefängnis?

In ihrer offiziellen Erklärung hat Maria Sacharova, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, sich nur zu den USA geäußert, dabei wäre auch der Fall von Julian Assange in dem Zusammenhang auch erwähnenswert gewesen. Aber zu Assange äußert sich das russische Außenministerium ohnehin ständig, dieses Mal ging es um die USA. Ich habe die offizielle russische Erklärung übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Buchstäblich jeden Tag machen sich amerikanische Politiker, Ministerien und Behörden Sorgen über die Menschenrechte auf der ganzen Welt. Das ist edel, aber zuerst sollte man seine eigenen Probleme lösen, denn die brauchen Aufmerksamkeit.

Die unmenschliche Behandlung von Häftlingen durch das Gefängnispersonal in US-Haftanstalten wirft Fragen auf. Gewalt ist alltäglich geworden und verwandelt Gefängnisse, von denen viele von privaten Unternehmen betrieben werden, fast in Folterzentren, in denen Willkür und Straflosigkeit herrschen. Die Rede ist nicht von Guantanamo oder den „fliegenden“ Gefängnisse der CIA, sondern von gewöhnlichen Gefängnissen.

Nur ein Beispiel, das zeigt, wie schutzlos Menschen in amerikanischen Gefängnissen dem dort arbeitenden sadistischen Personal ausgeliefert sind. Am 20. März 2017 wurde der Häftling Ryan Samsel, der als Verdächtiger in Gewahrsam genommen und in Handschellen gelegt wurde, in der Central Correctional Facility des Metropolitan District of Columbia von zwei Wärtern zusammengeschlagen. Sein Gesicht und seine Nase waren gebrochen, sein Kiefer war ausgeschlagen, sein Auge wurde verletzt, danach war er psychisch gestört. Nachdem er zusammengeschlagen wurde, verbrachte er die Nacht bewusstlos und ohne medizinische Hilfe in einer Zelle. (Anm. d. Übers.: Das ist keine russische Propaganda, US-Medien haben darüber berichtet, aber deutschen Medien, die sich so sehr über Haftbedingungen weltweit sorgen, finden das nicht berichtenswert)

Der Anwalt des Häftlings hat bisher erfolglos von den Gefängnisbehörden die Krankenakte seines Mandanten und eine gründliche Untersuchung des Vorfalls gefordert, der in diesem, wie auch in den meisten anderen amerikanischen Gefängnissen, kein Einzelfall ist. Tausende andere Häftlinge beschweren sich ständig über die Haftbedingungen und Bedrohungen von Wärtern, die die Gefangenen einschüchtern.

Wo ist das US-Außenministerium? Wo ist die Administration des US-Präsidenten? Sie führen jeden Tag Pressekonferenzen durch. Warum hört man da kein Wort über die unmenschlichen Bedingungen, unter denen Bürger der Vereinigten Staaten und anderer Staaten in amerikanischen Gefängnissen festgehalten werden?

Erinnern wir uns an Viktor But und Konstantin Jaroschenko, die wegen erfundener Anschuldigungen verurteilt wurden und de facto als politische Gefangene festgehalten werden.

Viktor But, der von den amerikanischen Geheimdiensten in Thailand entführt und zu 25 Jahren verurteilt wurde, nachdem er sich geweigert hatte, sich wegen des Verdachts des Waffenhandels schuldig zu bekennen, wird täglich gedemütigt und psychologischem Druck ausgesetzt. 2010 wurde Jaroschenko illegal in Liberia festgenommen und „streng“ verhört, wobei er seine Zähne verloren und schwere Verletzungen an seinen inneren Organen erlitten hat. Er wurde dann in die Vereinigten Staaten überstellt und zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt, wobei alle Anschuldigungen ausschließlich auf Aussagen von Agenten beruhten.

Dabei konnte selbst eine minimale medizinische Versorgung der Russen, deren Gesundheit ernsthaft geschädigt wurde, erst nach wiederholten Appellen unserer Diplomaten erreicht werden, und die meisten Anträge auf eine vollständige medizinische Untersuchung bleiben unbeantwortet.

Wir stellen den amerikanischen Behörden auf allen Ebenen ständig Fragen nach der Freilassung aller zu Unrecht verurteilten oder inhaftierten Bürger und nach ihrer Rückkehr in ihre Heimat aus humanitären Gründen. Aber das offizielle Washington, das sich ständig um die Menschenrechte auf der ganzen Welt sorgt, aber nicht bei sich zu Hause, ignoriert unsere Argumente. Stattdessen gibt es ausgedachte Geschichten über die Haftbedingungen von Verurteilten in Russland, insbesondere bei Alexej Navalny, der übrigens von Menschenrechtsaktivisten besucht wird – Washington gibt vor, davon nichts zu wissen – und der aktiv Informationen in sozialen Netzwerken postet. So etwas wäre in den Vereinigten Staaten unvorstellbar.

Wir fordern die Regierung der Vereinigten Staaten auf, alle Fälle von Verletzungen der Rechte von Gefangenen so schnell wie möglich und so transparent wie möglich zu untersuchen. Was dort geschieht, steht nicht nur im Widerspruch zur amerikanischen Verfassung und zum Strafrecht, sondern auch zu den grundlegenden internationalen rechtlichen und humanitären Normen. Wir erwarten, einen öffentlichen Bericht von US-Offiziellen über die Maßnahmen zu hören, die ergriffen werden, um solche Willkür in Zukunft zu verhindern und um die Sicherheit der Gefangenen und den Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung in Gefängnissen zu gewährleisten.

Ende der Übersetzung

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

9 Antworten

    1. Die USA sind ein Land was sich „In God we trust“ auf die Banknoten druckt, aber das fünfte Gebot „Du sollst nicht töten“ konsequent missachtet. Das ist Heuchelei in Höchstform.

    2. Ich denke der Fall Epstein hat eine weitere Ebene. Bei seinem Tod gab es, jedenfalls aus meiner Sicht, etwas zu viele Zufälle. Die Geschichte ist zu brisant als das ich an diese Zufälle so wirklich glauben kann.

      Und bezeichnenderweise ist Berichterstattung darüber, jedenfalls in deutschen Medien, spurlos verschwunden.

  1. Die Justiz der USA ist ethisch-moralisch im finstersten Mittelalter stehengeblieben. Folter, Hinrichtung, exzessive Polizeigewalt und ein orwellischer Überwachungsstaat stehen dort an der Tagesordnung. Das ist wie gesagt keine „russische Propaganda“ sondern lässt sich in vielerlei Quellen nachlesen. In den USA sind die „Justizvollstrecker“ krimineller als die verurteilten Kriminellen selbst. Menschenrechte beanstandet man in Washington immer nur woanders, aber nicht im eigenen Land. Und die deutsche Qualitätspresse ignoriert bis auf wenige Außnahmen gekonnt die dortigen Missstände…

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