USA vs. Russland

Putin im O-Ton über Russlands rote Linien

Der russische Präsident Putin wurde bei einer Podiumsdiskussion nach den roten Linien Russlands gefragt. Putins Antwort war diplomatisch, aber deutlich.

In Moskau fand die jährliche Investoren-Konferenz „Russia is calling“ statt, bei der Putin sich traditionell den Fragen der ausländischen Investoren und Fachleute stellt. Dabei wurde er nach den roten Linien gefragt, von denen die russische Regierung in letzter Zeit immer öfter spricht. Putins Antwort war nicht überraschend, aber man musste genau hinhören.

Putin nannte als rote Linie, wenn der Westen in der Ukraine Raketen aufstellt. Das wäre eine rote Linie für Russland. Angesichts der derzeit wachsenden Spannungen und der offenen Forderungen der ukrainischen Regierung, die Nato solle genau das tun, dürfte man im Westen genau hingehört haben. Putin sagte zwar nicht im Detail, wie Russland darauf reagieren würde, aber seine Antwort war trotzdem interessant. Daher habe ich die Frage und Putins Antwort komplett übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Grapenheisser: Jakob Grapenheisser, East Capital.

Sie haben wiederholt erwähnt, dass es in den Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine „rote Linien“ gibt. Bis zu einem gewissen Grad hat das auch mit dem Westen und der NATO zu tun. Könnten Sie genauer erläutern, wo diese „Linien“ verlaufen und welche Folgen das Überschreiten dieser Linien Ihrer Meinung nach haben könnte? Müssen sich Anleger Sorgen machen, dass Russland möglicherweise Truppen in die Ukraine entsendet?

Putin: Sehen Sie, von einer Entsendung russischer Truppen in die Ukraine war schon Anfang des Jahres die Rede, als wir die Militärübung „Sapad 2021“ abgehalten haben, aber wie Sie sehen, ist das nicht passiert. Es geht nicht darum, Truppen in die Ukraine zu schicken oder sie nicht dahin zu schicken, zu kämpfen oder nicht zu kämpfen; es geht darum, eine Beziehung aufzubauen, um eine gerechtere und stabilere Entwicklung zu schaffen und die Sicherheitsinteressen aller Akteure auf der internationalen Bühne zu berücksichtigen. Wenn wir das ehrlich verfolgen, wird niemand sich irgendwie bedroht fühlen.

Was die Bedrohungen betrifft, so sind die Menschen in den beiden bisher nicht anerkannten Republiken – der LNR und der DNR – auch durch die Truppenbewegungen in der Nähe ihrer Gebiete ständig bedroht. Das ist das Zweite.

Drittens hat die Russische Föderation auch gewisse Sorgen gegenüber groß angelegten Manövern in der Nähe unserer Grenzen, auch ungeplanten Manövern, wie sie gerade erst im Schwarzen Meer abgehalten wurden, als strategische Bomber, wie wir wissen, mit Präzisionswaffen und möglicherweise Atomwaffen, 20 Kilometer von unserer Grenze entfernt flogen. Schließlich stellt das alles eine Bedrohung für uns dar.

Nun zu den „roten Linien“. Sie sind bis zu einem gewissen Grad spekulativ. Dennoch, schauen Sie sich an, was in den letzten rund 20 Jahren geschehen ist: Die Beziehungen zwischen Russland und der westlichen Gemeinschaft, dem „kollektiven Westen“, waren in den 1990er und frühen 2000er Jahren praktisch wolkenlos. Warum war es notwendig, die NATO bis an unsere Grenzen auszuweiten? Wozu? Wer kann diese Frage beantworten? Darauf gibt es keine vernünftige Antwort, im Gegenteil.

Es war ein fast idyllisches Bild unserer Beziehungen, vor allem Mitte der 1990er Jahre, wir waren fast Verbündete. Nein, trotz unserer Warnungen, trotz unserer Gespräche, trotz unserer Bitten ist die Infrastruktur schließlich bis an unsere Grenzen gekommen. Es ist inzwischen so weit gekommen, dass Raketenabwehrsysteme in Polen und Rumänien stationiert sind, und die dortigen Startrampen sind vom Typ Mk-41. Sie können auch Tomahawks laden, also Angriffssysteme. Das stellt eine Bedrohung für uns dar, das ist eine offensichtliche Tatsache.

Trotz all unserer Bitten und Flehen, das nicht zu tun, ist was passiert? Das, was wir jetzt sehen. Als Reaktion darauf waren wir gezwungen, ich möchte das betonen, gezwungen, mit der Entwicklung von Hyperschallwaffen zu beginnen, das ist unsere Antwort. Wir haben das nicht als erste getan, zuerst sind unsere Partner aus dem ABM-Vertrag und dann aus dem Vertrag über Mittelstreckenraketen ausgestiegen.

Sie haben nach der Ukraine gefragt: Wo sind die „roten Linien“? Das sind in erster Linie Bedrohungen, die gegen uns zu geschaffen werden, die von diesem Gebiet ausgehen können. Ich habe es bereits öffentlich gesagt, Sie sind Geschäftsleute und haben und vielleicht nicht die Zeit, dem zu folgen, aber ich sage es noch einmal: Wenn irgendeine Art von Angriffssystem auf ukrainischem Territorium stationiert wird, dauert es 7 bis 10 Minuten, bis sie Moskau erreichen, und 5 Minuten, wenn sie Hyperschallwaffen stationieren. Stellen Sie sich das vor. Übrigens leben Sie in Moskau, wie ich hörte, leben Sie in Moskau, richtig? Die Flugzeit nach Moskau wird 5 Minuten betragen.

Grapenheisser: Ich lebe fast 15 Jahre in Moskau, ja.

Putin: Ja. Was sollen wir tun? Wir werden etwas Ähnliches für diejenigen schaffen müssen, die uns auf diese Weise bedrohen. Können Sie sich das vorstellen?

Wir können das schon jetzt tun, denn wir haben die Waffen bereits erfolgreich getestet und ab Anfang des Jahres werden wir einen neuen Mach-9-Hyperschall-Seeflugkörper im Einsatz haben. Die Flugzeit zu denen, die den Befehl geben, beträgt auch fünf Minuten.

Wo gehen wir hin? Warum tun wir das alles? Die Schaffung solcher Bedrohungen ist für uns eine rote Linie.

Ich hoffe, dass es nicht so weit kommt. Ich hoffe, dass sich der gesunde Menschenverstand, die Verantwortung für das eigene Land und für die Weltgemeinschaft durchsetzen wird.

Ende der Übersetzung

Ob es ein Versprecher war oder nicht, ist schwer zu sagen. Aber dass Putin die Rebellengebiete im Osten der Ukraine als die „beiden bisher nicht anerkannten Republiken“ bezeichnet hat, dürfte für einiges Aufsehen gesorgt haben. Hat Russland vor, die selbsternannten Republiken zum Beispiel im Falle eines ukrainischen Angriffs anzuerkennen?

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

7 Antworten

  1. Hat Russland vor, die selbsternannten Republiken zum Beispiel im Falle eines ukrainischen Angriffs anzuerkennen?

    Es wird höchste Zeit, will Russland seine Glaubwürdigkeit erhalten. Auch innenpolitisch ist es nicht mehr machbar, bis kurz vor 2024 zu warten, dass Putin seinen Kandidaten ins Präsidentenrennen schickt.

    1. Denke ich auch. Und außerdem hätte er sie bis an die Zähne bewaffnen sollen. Im Falle eines Angriffs aus Richtung Kiew sollten die beiden kleinen Republiken auf dem Wege der Vorwärtsverteidigung derart vergrößert werden, dass genügend Niemandsland da ist, damit Heckenschützen keine Kinder und Zivilisten mehr aufs Korn nehmen können. Putin sieht ja, wohin er mit seinem „Bitten und Flehen“ bei seinen „Partnern“, den amerikanischen Gangstern und ihren Vasallen gekommen ist.

  2. Hätte Rußland 2014 im Donbass die gleiche Volksabstimmung durchgeführt wie auf der Ukraine und Lugansk und Donezk und die dort lebenden Russen ebenfalls heimgeholt, wäre das ein nunmehr seit sieben Jahren geschmatzter Käse.
    Wobei ich mich frage, weshalb eigentlich von Estland bis Bulgarien wirklich alle Staaten willig in die Nato hineingewandert sind; dort können ja nicht nur Idioten leben.
    Ich habe mal gehört, daß es immer so abgelaufen ist, daß es eine EU-Mitgliedschaft (und den damit verbundenen Geldsegen) erst gab, wenn man sich zur Nato-Mitgliedschaft verpflichtet hatte. Kann das jemand bestätigen ?

  3. Nicht daß jemand glaubt, „Relotius“ wäre ein rein deutsches Problem:

    _____://smoothiex12.blogspot.com/2021/11/ah-power-of-written-word.html

    November 30, 2021

    „Ah, The Power Of The Written Word.“

    geDeepLt:

    Ah, die Macht des geschriebenen Wortes.

    Wie Melissa Rossi von Yahoo News vermeldet:

    „Mit rund 100.000 russischen Truppen nahe der Grenze zur Ukraine, Kriegsschiffen, die im nahen Schwarzen Meer stationiert sind, und russischen Panzern, die aus dem Norden heran rollen, wächst in der ehemaligen Sowjetrepublik und bei den NATO-Verbündeten die Angst, dass der russische Präsident Wladimir Putin eine Invasion starten könnte.“

    Offensichtlich vergisst sie nach „russischen Panzern, die aus dem Norden heran rollen“, dies zu erwähnen:

    — Russische Flugzeuge, bereit zu töten, von mächtigen Luftströmen aus den unwirtlichen Steppen Russlands aufgenommen und getragen, fliegen wie Donnervögel aus dem Osten und bedecken den Boden unter ihren mächtigen Schwingen mit bedrohlichen Schatten, die das bevorstehende Unheil ankündigen. Das Gras auf dem müden Boden und die Blätter an den Bäumen zittern in Erwartung eines abrupten Endes ihrer unschuldigen, gegen die globale Erwärmung ankämpfenden, Existenz unter den Ketten einer grimmigen, erbarmungslosen, umweltverschmutzenden, aus dem Norden heran rollenden russischen Panzerflotte. Die Kinder der umliegenden Dörfer rennen zu ihren gleichgeschlechtlichen Familien und versuchen, vor Entsetzen zu schreien, nein, vor Verzweiflung zu weinen, weil sie das Ende ihrer Hormontherapie und das Ende ihres Traums spüren, ein glücklicher Krieger mit freiem Geschlecht zu werden, der für das universelle Recht kämpft, alles zu sein, was er sein kann. Der Krieg ist im Anmarsch. —

    Seht ihr, so sollten westliche Journalisten ihre Berichte schreiben. Komm schon – nicht genug Drama, was für eine Art von Berichterstattung ist das? Am Ende, wie dieses Melissa-Mädchen sich selbst beschreibt:

    „Autorin der Serie „Was jeder Amerikaner wissen sollte“, Zigeunerin mit einem Laptop und Reiseschriftstellerin.“

    Da hast du es, Mädchen. Lasse deiner Fantasie freien Lauf. Du kannst etwas Besseres machen als „aus dem Norden heran rollende Panzer“.

    Eine etwas ernstere Anmerkung, nah…. Ich verarsche euch nur – das hier ist sogar noch witziger:

    …“

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