Der Spiegel und seine Lügen über Gaslieferungen aus Russland
Am 22. Dezember hat der Spiegel einen Artikel mit der Überschrift „Pipeline Jamal – Russland stoppt erneut Gaslieferungen nach Europa“ veröffentlicht, die man gleich aus drei Gründen als plumpe Lüge entlarven kann. Erstens hat Russland die Gaslieferungen nach Europa noch nie gestoppt, weshalb das Wort „erneut“ eine Lüge ist. Zweitens liefert Russland weiterhin Gas nach Europa und nicht einmal die hartnäckigsten Gegner Russlands werfen Russland vor, seine vertraglichen Lieferverpflichtungen nicht einzuhalten. Drittens hat Russland auch die Lieferungen über die Jamal-Europa-Pipeline nicht gestoppt. All das werden wir uns gleich im Detail anschauen.
Zunächst noch ein paar Worte über den Spiegel, der sich selbst als „Nachrichtenmagazin“ bezeichnet, aber in Wirklichkeit – dieser Spiegel-Artikel belegt das wieder eindrücklich – ein Propaganda-Instrument der transatlantischen Kräfte ist, die an dem Aufbau des Feindbildes Russland interessiert sind. Der Spiegel hilft dabei gerne und wenn er dazu lügen und unwahre Überschriften einsetzen muss, ist er sich dafür nicht zu schade. So auch bei dieser Überschrift, denn als der Artikel veröffentlicht wurde, da lautete die Überschrift noch „Russland stoppt Gaslieferungen via Jamal-Pipeline – Olaf Scholz und Wladimir Putin telefonieren„. Das war dem Spiegel aber nicht reißerisch genug, also wurde die Überschrift dann geändert.
Russische Gaslieferungen nach Europa
Russland liefert derzeit Gas über vier Pipelines nach Europa: Über Nord Stream 1, über die ukrainische Pipeline „Druschba“, über die neue Pipeline Turk Stream und über die Jamal-Pipeline, die durch Weißrussland verläuft. Wenn der Spiegel also behauptet, Russland habe die Gaslieferungen nach Europa „erneut“ gestoppt, dann enthält der Satz zwei Lügen: Erstens liefert Russland weiterhin Gas und zweitens hat Russland noch nie Gaslieferungen nach Europa gestoppt.
Russland ist seit etwa 50 Jahren ein zuverlässiger Lieferant und hat selbst in Zeiten der schwersten Krisen im Kalten Krieg zuverlässig Gas nach Europa geliefert. Dass es in den letzten 15 Jahren einige Male Probleme mit den Gaslieferungen über die Ukraine gegeben hat, war nie Russlands Schuld, denn Russland hat das für Europa bestimmte Gas immer in die Pipeline eingespeist, allerdings ist es einige Male vorgekommen, dass die Ukraine sich das für Europa bestimmte Gas abgezapft hat. Die Chronologie der Gaskrisen der Vergangenheit können Sie hier nachlesen.
Die Jamal-Pipeline
Der Spiegel erwähnt explizit die Jamal-Pipeline, über die Russland angeblich kein Gas mehr nach Europa liefert. Auch das ist nicht wahr.
Um zu verstehen, warum das nicht wahr ist, genügt ein Blick auf die Landkarte und aufmerksames Lesen des Spiegel-Artikels. Die Pipeline führt durch Weißrussland über Polen nach Deutschland. Der Spiegel schreibt in seinem Artikel:
„Am Morgen wurde an der Verdichterstation Mallnow (Brandenburg) – wie bereits an neun Tagen Anfang November – Gas in die entgegengesetzte Richtung nach Polen gepumpt.“
Es kommt also kein Gas in Deutschland an, in Europa – also im Polen – aber sehr wohl. Das Problem von Polen ist, dass Polen seine langfristigen Lieferverträge mit Russland gekündigt hat und auf amerikanisches Flüssiggas setzt. Dafür hat Polen extra ein Terminal gebaut. In diesem Jahr sind die Gaspreise in Asien jedoch noch höher als in Europa, weshalb die amerikanischen Flüssiggas-Tanker nicht nach Europa fahren, sondern ihr Gas nach Asien schippern.
Polen hat daher eine Problem, denn es hat zu wenig Gas. Also kauft Polen derzeit notgedrungen russisches Gas zu Börsenpreisen und entnimmt es der Jamal-Pipeline. Daher kommt über die Pipeline derzeit kein Gas in Deutschland an.
Eines stimmt, Gazprom hat die Lieferungen über die Pipeline reduziert, weil es in Russland derzeit ausgesprochen kalt ist und Gazprom natürlich als erstes an die Versorgung der eigenen Bevölkerung denkt. Aber Gazprom schickt trotzdem noch Gas durch die Jamal-Pipeline, erst am 21. Dezember hat Gazprom mitgeteilt, welche Transportkapazitäten es für Januar gebucht hat.
Hinzu kommt, dass Gazprom nur so viel Gas in die Pipeline pumpen kann, wie seine Kunden bestellen. Und auch hier sei noch einmal darauf hingewiesen, dass Gazprom nicht nur seine Lieferverpflichtungen erfüllt, sondern 2021 sogar mehr Gas geliefert hat, als es laut den Verträgen musste. Es ist bisher kein einziger Fall bekannt geworden, dass Gazprom eine Bestellung aus Europa abgelehnt hätte.
Die Gründe für die Gas- und Energiekrise in Europa werde ich am Ende des Artikels noch einmal erklären.
Die Spiegel-Propaganda
Der Spiegel sieht seine vornehmste Aufgabe darin, anti-russische Propaganda zu verbreiten. Anstatt seinen Lesern die Lage am Gasmarkt zu erklären, behauptet der Spiegel nicht nur wahrheitswidrig, Russland habe seine „Gaslieferungen nach Europa gestoppt„, nein, der Spiegel muss sogar das – auch gelogene – Wort „erneut“ in seiner Überschrift verarbeiten, damit es für seine Leser so richtig schlimm klingt.
Der Grund ist klar: Es geht um den Kampf der USA gegen Nord Stream 2, den der Spiegel nach Kräften unterstützt. Gegen diese dringend benötigte Pipeline macht der Spiegel Front und dazu gehört, dass er Russland als unzuverlässigen Lieferanten darstellt, der das Gas als politisches Druckmittel missbraucht. Dabei zeigt das Beispiel Polen, wie gefährlich es ist, sich auf amerikanisches Flüssiggas zu verlassen, denn sobald Gas in einem anderen Teil der Welt teurer ist als in Europa, fahren die US-Tanker ihr Gas eben da hin und die Europäer können sehen, wo sie bleiben.
Das Problem gibt es mit russischem Gas nicht, denn eine Pipeline nach Europa kann – im Gegensatz zu einem Tanker – nicht mal eben nach Asien umgeleitet werden. Dass Nord Stream 2 dringend gebraucht wird, erleben wir gerade, denn die aktuelle Gasknappheit ist ein Ergebnis mehrere Faktoren, auf die ich am Ende des Artikels eingehen werde. Das kann sich jedoch jederzeit wiederholen, weshalb eine weitere Pipeline schon aus diesem Grund dringend gebraucht wird.
Anstatt seinen Lesern das zu erklären, wechselt der Spiegel in seinem Artikel jedoch das Thema und fügt eine Auflistung angeblicher russischer Gräueltaten an, die den Leser darin bestätigen sollen, wie böse Russland ist. Dass es dem Spiegel nicht um Berichterstattung, sondern um Meinungsmache – in Fachkreisen „Propaganda“ genannt – geht, zeigt schon die veränderte Überschrift deutlich.
Die Gründe für die Energiekrise in Europa
Über die Gründe für die Energiekrise in Europa habe ich oft berichtet, daher fasse ich sie hier der Vollständigkeit halber nur noch einmal kurz zusammen.
Erstens: Der letzte Winter war kalt, weshalb viel Gas verbraucht wurde. Pipelines und Tanker reichen nicht aus, um im Winter genug Gas nach Europa zu bringen, weshalb die Gasspeicher normalerweise im Sommer aufgefüllt werden. Das ist in diesem Jahr ausgeblieben und während die Gasspeicher normalerweise zu Beginn der Heizsaison zu fast 100 Prozent gefüllt sind, waren es in diesem Jahr nur knapp 75 Prozent.
Zweitens: Die Energiewende hat zu einem zu großen Anteil von Windenergie am Strommix geführt. Da der letzte Sommer aber außergewöhnlich windstill war, fehlte die Windkraft und es wurde unter anderem Gas zur Stromerzeugung genutzt, das eigentlich in die Speicher hätte geleitet werden müssen.
Drittens: Der Wunsch vieler europäischer Politiker, russisches Gas durch vor allem amerikanisches Flüssiggas zu ersetzen, hat dazu geführt, dass in Europa nun Gas fehlt. Der Grund: In Asien sind die Gaspreise noch höher als in Europa und die fest eingeplanten amerikanischen Tanker fahren nach Asien, anstatt nach Europa.
Viertens: Die Reform des Gasmarktes der letzten EU-Kommission hat den Handel mit Gas an den Börsen freigegeben. Dadurch wurde Gas zu einem Spekulationsobjekt. Während Gazprom sein Gas gemäß langfristiger Verträge für 230 bis 300 Dollar nach Europa liefert, ist es für die Importeure ein gutes Geschäft, das Gas an der Börse für 1.000 Euro weiterzuverkaufen und diese Spekulationsgewinne in Höhe von mehreren hundert Prozent in die eigene Tasche zu stecken.
Warum Gazprom trotzdem langfristige Verträge möchte? Die Antwort ist einfach, denn das war auch in Europa so, als in Europa noch Gasfelder erschlossen wurden. Der Produzent von Gas muss Milliardeninvestitionen planen und das geht nur, wenn er weiß, wie viel Gas er langfristig zu welchem Preis verkaufen kann. Daher möchte ein Gasproduzent langfristige Verträge, auch wenn der Preis zeitweise möglicherweise viel niedriger ist als der, den er an der Börse erzielen könnte.
Auch für den Kunden ist es von Vorteil, wenn er die Gaspreise und die Gasmengen im Voraus planen kann, denn was passiert, wenn man sich auf kurzfristige Verträge einlässt, erleben wir gerade in Europa. Dass die EU-Kommission sich trotzdem für kurzfristige Verträge und Börsenhandel von Gas einsetzt, ist entweder Inkompetenz, oder der Wunsch europäischen Konzernen die lukrative Börsenspekulation mit Gas auf Kosten der Verbraucher zu ermöglichen, oder die politische Abhängigkeit von den USA, die auf kurzfristige Verträge setzen, weil ihrer schnelllebigen Frackingindustrie schnelle Gewinne wichtiger sind als langfristige Planungssicherheit.
Wenn Sie sich für mehr Beispiele für freche Verfälschungen der Wahrheit in den „Qualitätsmedien“ interessieren, sollten Sie Beschreibung meines neuen „Spiegleins“ lesen. Das Buch ist eine Sammlung der dreistesten „Ausrutscher“ der „Qualitätsmedien“ im Jahre 2020 und zeigt in komprimierter Form, wie und mit welchen Mitteln die Medien die Öffentlichkeit in Deutschland beeinflussen wollen. Von „Berichterstattung“ kann man da nur schwer sprechen. Über den Link kommen Sie zur Buchbeschreibung.
12 Antworten
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Mir fehlt eine Information in dem Zusammenhang: von WEM kauft Polen sein „russisches“ Gas, das es der Jamal-Pipeline entnimmt? Da muß es ja Handelspartner geben. Von der Gazprom ja wohl nicht, sonst hätte diese die über Jamal transportierte Menge entsprechend erhöht, und in Deutschland käme die vereinbarte Menge Gas dennoch an.
Ich weiß es nicht. Aber der Vorfall zeigt, wie dringend wir NS2 benötigen. Sobald das Gas nach Polen umgeleitet wird, fehlt es in Deutschland. Mehr durch die Pipeline transportieren geht kaum, da diese ausgelastet ist. Falls der Vertrag mit Deutschland schon älteren Bestand hat, wäre dieses Vorgehen vertragswidrig. Leider haben wir uns mit der Blockade von NS2 selbst in den Fuß geschossen.
Jamal-Europa ist derzeit nicht ausgelastet. Das liegt vor allem daran, daß Polen im Gegensatz zu früher kein Gas mehr von Russland kauft. Also offiziell. Und wenn keiner Gas bestellt, wird die Transportleistung nicht erhöht. Logisch.
Aber richtig ist, daß NS2 für Mitteleuropa dringend benötigt wird, da neben dem deutschen Bedarf auch der der Niederlande und Großbritanniens mit gedeckt werden muß. Die einstige Förderleistung der Niederlande fehlt hier inzwischen. Und die entsprach so ungefähr dem, was NS2 liefern kann. Deutschland bezog mal rund 30% aus NL.
Tja, die Russen haben es gut erklärt – siehe unten. Nur wer nicht lesen will, kann halt nur Schwachsinn verkündigen…
Aha, unser eingebildeter Regierungssprecher „der Russen“ meldet sich, da ist natürlich nichts mehr gegen einzuwenden. Andere wollen mehr wissen. Und frech zu werden ist einfach nur prollig!
Den Namen Russlands zerstören – um besser Krieg führen zu können? Denn wenn jemand „unglaubwürdig“ gemacht wurde – fällt es der Masse im Kriegsfall leichter zu sagen… Ach die – naja… 😤
Dazu
______://vz.ru/news/2021/12/22/1135497.html
„Газовозы с американским СПГ для Азии стали разворачивать в Европу“
GeDeepLt (unredigiert):
LNG-Tanker, die US-LNG für Asien transportieren, beginnen, nach Europa umzudrehen
Schiffe, die Erdgas nach Asien transportieren, haben in Richtung Europa umgedreht, nachdem der Preis für den blauen Brennstoff auf einen neuen Höchststand gestiegen ist.
Schiffe, die für Asien bestimmtes Flüssigerdgas transportieren, haben auf halber Strecke den Kurs geändert, um es zu europäischen Verbrauchern zu bringen, die bereit sind, mehr zu zahlen, da die Preise in der Region neue Rekorde gebrochen haben, schreibt die Financial Times.
Seit einem Jahr kaufen China, Japan und Südkorea den Europäern Treibstoff ab, indem sie unterkühlten Brennstoff für Kraftwerke liefern, aber jetzt schicken die Eigentümer von Gastankern, die für Asien bestimmt sind, diese nach Europa zurück, um von der Preissteigerung zu profitieren.
Zu diesen Maßnahmen gehört auch die Umleitung von US-Schiffen mit Flüssigerdgas nach Asien. Vor diesem Hintergrund ist auch die erste Verschiffung von australischem Flüssigerdgas nach Europa seit mehr als zehn Jahren zu sehen.
Nach Angaben von Platts ist der Unterschied zwischen den europäischen und den asiatischen Preisen derzeit der größte, der jemals beobachtet wurde.
LNG-Spotlieferungen nach Europa wurden mit rund 48,5 $ pro Million British Thermal Units bewertet, gegenüber 41 $ pro Million Units in Asien. Im Oktober und November lagen die Preise in Asien im Durchschnitt 5 $ pro 1 Mio. Stück höher als in Europa.
Am Mittwoch wurde berichtet, dass der Gaspreis in Europa zu Beginn des Börsenhandels um 6,5 % auf unter 2.000 $ pro 1.000 Kubikmeter fiel, nachdem er am Vortag einen Rekordanstieg verzeichnet hatte.
Zuvor war bekannt geworden, dass Gazprom die Kapazität der Jamal-Europa-Pipeline am Mittwoch weder in der regulären noch in der zusätzlichen Sitzung gebucht hat.
Die Zeitung VZGLYAD untersuchte, warum die europäischen Länder Gazprom für die Verschärfung der Energiekrise verantwortlich machen.“
Und das tun sie hier:
_____://vz.ru/economy/2021/12/21/1135411.html
„…
Zum ersten Mal in der Geschichte Europas überstiegen die Gaskosten 2150 US-Dollar pro tausend Kubikmeter. In Europa werden Hinweise gemacht, und die Ukraine macht Gazprom direkt dafür verantwortlich, die angeblich absichtlich Gaslieferungen über Polen und die Ukraine in die EU reduziert, um Nord Stream 2 zu starten. Niemand achtet jedoch darauf, dass es für europäische Käufer keinen Sinn macht, jetzt überschüssige Gasmengen zu kaufen.
Der Gaspreis in Europa überschritt zum ersten Mal in der Geschichte 2150 US-Dollar pro tausend Kubikmeter und stellte damit einen weiteren historischen Rekord auf, so die Handelsdaten der Londoner ICE-Börse. Die Preiserhöhung für den Tag betrug 27%.
Spekulanten beschleunigen die Preise angesichts der Nachricht, dass Gazprom den Gastransit nach Deutschland durch die Jamal-Europa-Gaspipeline ausgesetzt hat. Darüber hinaus wurden Auktionen für die Buchung der Kapazitäten der polnischen Sektion „Jamal – Europa“ und zusätzlicher Kapazitäten der ukrainischen Leitung für Januar 2022 durchgeführt. Am polnischen Standort verbuchte Gazprom Kapazitäten nur für 19,3 Millionen Kubikmeter pro Tag statt der angebotenen 89 Millionen Kubikmeter pro Tag. Und Gazprom lehnte das Angebot des ukrainischen Betreibers ab, zusätzliche 15 Millionen Kubikmeter pro Tag zu pumpen.
Der Chef des Unternehmens „Betreiber des GTS der Ukraine“, Sergej Makogon, konnte die Weigerung von Gazprom, den Transit durch die Ukraine zu erhöhen, nicht übersehen und beschuldigte es der Gaserpressung Europas, „um die Zertifizierung von Nord Stream 2 zu beschleunigen“. Der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, sagte gestern auch in einem Blogbeitrag, dass „viele glauben“, dass Russlands Weigerung, „die Exporte nach Europa zu erhöhen oder die Lagereinrichtungen von Gazprom zu füllen, ein Mittel ist, um Druck auf die EU auszuüben“, um „die Erteilung einer Lizenz für Nord Stream 2 sicherzustellen“.
Der Kreml zur die Aussetzung des Pumpens durch Jamal – Europa wies darauf hin, dass dies eine übliche kommerzielle Situation ist. Wie ist diese Situation?
„Diejenigen, die ihre ganze Aufmerksamkeit auf Gazprom richten, vergessen darauf hinzuweisen, dass es immer Gaskäufer auf der anderen Seite der Gasleitung gibt. Und wenn sie den Treibstoff nicht zu einem so hohen Preis nehmen wollen, dann hat Gazprom keinen Ort, zu dem es ihn pumpen kann.“
– sagt Igor Juschkow, Experte an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation und des Nationalen Energiesicherheitsfonds. Er ist sicher, dass Gazprom Probleme mit dem Verkauf von Gas hat, weshalb es notwendig ist, das Pumpen von Gas durch Jamal-Europa regelmäßig auszusetzen, wie am Dienstag. Es ist ein täglicher Stopp. Und früher im Herbst traten auch solche Situationen auf, und Spekulanten verteilten dann auch die Preise.
Gazprom erfüllt alle seine Verpflichtungen aus seinen langfristigen Verträgen. Dies wurde von der Europäischen Kommission bestätigt und vom Betreiber der ukrainischen Leitung bestätigt. So viel wie in den Verträgen vorgeschrieben ist, so viel Gas geht über vier Gaspipelines zu den Europäern. Gazprom lastet seine eigenen Rohre – Nord Stream und Turkish Stream – maximal aus, was logisch ist. Die ukrainische Pipeline trägt 109 Millionen Kubikmeter pro Tag oder 40 Milliarden Kubikmeter pro Jahr, wie im Transitvertrag gefordert. Aber Polen weigerte sich 2020, einen Transitvertrag mit Gazprom für Jamal – Europa – zu unterzeichnen. Warschau stellt seine Anlagen auf Auktionen um, bei denen Gazprom nicht verpflichtet ist, überhaupt etwas zu buchen. Solche Auktionen sind eine Erfindung der Europäer selbst, und die Polen beschlossen, Gazprom zu verärgern und die Europäische Kommission zu beschwichtigen. Jetzt erntet Warschau die Früchte.
„Gazprom nutzt die Jamal-Europa-Gaspipeline, um Angebot und Nachfrage auszugleichen. Das heißt, der wichtigste entscheidende Faktor, wie viel Gazprom durch die Jamal-Europa-Gaspipeline pumpt, ist das Volumen der Nachfrage der Europäer. Gibt es in Europa keine Nachfrage – gibt es kein Transitvolumen.“
erklärt Juschkow. Das heißt, die täglichen Transitstopps durch Jamal – Europa bedeuten, dass die Kapazität anderer Gaspipelines ausreichte, um die Anforderungen der europäischen Käufer zu erfüllen. Wenn wir davon ausgehen, dass Gazprom einen Transitvertrag mit Polen, aber nicht mit der Ukraine hätte, dann würde die ukrainische GTS zur Ausgleichsleitung werden, und der polnische Abschnitt von Jamal – Europa wäre viel gefüllter. Aber hier erwiesen sich ukrainische Politiker als strategisch schlauer als polnische: Russland ist zwar ein politischer Feind, aber ein Transitabkommen mit ihm wurde noch unterzeichnet.
Die Tatsache, dass Gazprom für Januar eine kleine Menge an Kapazität für Jamal-Europa gebucht und zusätzliche Kapazitäten durch die ukrainische Leitung abgelehnt hat, deutet auf eine erwartete geringe Nachfrage nach Gazprom-Gas von Europäern hin. Ein weiterer Punkt ist, dass es in einer so turbulenten Situation sehr schwierig ist, die Nachfrage nach zusätzlichen Gasmengen von Europäern selbst für Januar vorherzusagen. Daher entschied sich Gazprom für die Strategie, die Reservierung von Kapazitäten für eine lange Zeit zu minimieren. Auktionen für Kapazitäten finden ständig statt. Es gibt Auktionen für das kommende Jahr, für das Quartal und für den kommenden Monat – Gazprom bucht für sie mit großer Sorgfalt. Denn es gibt Auktionen für die kommende Woche und Auktionen für den nächsten Tag, bei denen Gazprom in der Lage sein wird, die notwendige Kapazität zu erhalten, wenn die Nachfrage der europäischen Käufer dies erfordert. Daher sind die vergangenen Auktionen für Januar nicht das Ende: Die Europäer werden die Möglichkeit haben, zu bestellen, und Gazprom wird die Möglichkeit haben, diese zusätzlichen Mengen zu liefern.
…
Das Problem ist, dass die Europäer selbst kein zusätzliches Gas von Gazprom kaufen. Warum? Weil selbst für Europäer, die reicher sind als die Ukrainer, ist Gas seit mindestens September dieses Jahres zu teuer. Während dieser ganzen Zeit wurde eine spekulative Prämie in den Gaspreisen an europäischen Börsen gelegt. Seit Anfang Dezember, als der europäische Kontinent von einem regelrechten Winter bedeckt war, stiegen auch die hohen Gaspreise weiter an. Und 2150 Dollar pro Barrel am Dienstag sind bereits eine himmelhohe Zahl, die die Nachfrage völlig tötet. Die Europäer wollten kein Gas kaufen, als es 800-1.000 Dollar pro tausend Kubikmeter kostete (und das sind Herbstpreise): Einige Industrieunternehmen wie Düngemittelhersteller schlossen einfach, weil es selbst bei solchen Preisen unrentabel ist zu arbeiten.
Für diejenigen, die langfristige Verträge mit Gazprom haben, ist es viel einfacher zu leben, weil die Preisformel in den Verträgen festgelegt ist. In Verträgen sind die Kosten für Gas deutlich niedriger als die Preise vor Ort (Börse) – und im Durchschnitt können es jetzt 550 US-Dollar pro tausend Kubikmeter sein. Obwohl Gazprom auf Wunsch der Europäer selbst in den meisten seiner Verträge den Anteil des Spotpreises bei der Berechnung des Auftragswerts von Gas erhöhte. Wenn der Ölpflock beibehalten würde, wie es vorher war, könnten wir noch mehr profitieren. In jedem Fall sind 550 Dollar pro tausend Kubikmeter deutlich niedriger als selbst die 800-1000 Dollar, die kürzlich vor Ort waren. Über die aktuellen 2150 Dollar kann man gar nicht reden.
Aber es ist wichtig zu verstehen, dass
Wenn ein europäischer Käufer mehr Gas will, als er vertraglich vereinbart hat, muss er dafür so viel bezahlen, wie es außerhalb des Vertrags wert ist.
Die Europäer selbst wollen in diesem Herbst und Winter nicht den Marktpreis zahlen, der sich auf dem Spotmarkt in Europa bildet. Und sie können verstanden werden. Daher der Rückgang der Nachfrage der europäischen Verbraucher nach russischem Gas, der über die vertraglichen Vereinbarungen hinausgeht (aber die Europäer leeren aktiv ihre eigenen unterirdischen Speicher). Gazprom seinerseits sei auch nicht bereit, endlose Gasmengen nicht zu Marktpreisen zu verkaufen, sagte Juschkow. Und da es sich um ein kommerzielles und nicht um ein wohltätiges Unternehmen handelt, ist es auch verständlich.
…“
Der SPIEGEL schreibt die Wahrheit.
– Russland hat erneut die Erdgaslieferung über die russisch-europäische Pipeline Jamal-Europa gestoppt.
…://www.interfax.ru/business/810284
– Am Morgen wurde an der Verdichterstation Mallnow (Brandenburg) – wie bereits an neun Tagen Anfang November – Gas in die entgegengesetzte Richtung nach Polen gepumpt.
…://www.interfax.ru/business/801660
– Moskau bezeichnete den Schritt als wirtschaftliche Entscheidung und nicht als eine politische. Es gebe zudem keinen Zusammenhang mit der Befüllung des zweiten Strangs der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2, sagte Kremlsprecher Dmitrij Peskow laut der Nachrichtenagentur Interfax. Vom Staatskonzern Gazprom hieß es zunächst lediglich, dass Gas entsprechend der Nachfrage und der geschlossenen Verträge geliefert werde.
All das stimmt, muss aber im Zusammenhang gesehen werden und es ist nur auf die Jamal Pipeline bezogen.
Der SPIEGEL versteckt diese Zusammenhänge aber hinter Meldungen die nur am Rande zu diesem Thema gehören.
Der Anti-Spiegel verschweigt aber das der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit mitgeteilt hat: „…Scholz habe seine »Sorge angesichts der Lage« ausgedrückt und die dringende »Notwendigkeit einer Deeskalation« hervorgehoben. Scholz und Putin hätten auch über den Stand der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen gesprochen, mit denen der Konflikt in der Ostukraine friedlich gelöst werden soll.“
Es besteht also durchaus die Hoffnung, dass die dt. russ. Probleme am Verhandlungstisch gelöst werden.
Allen Kommentatoren empfehle ich, die Feedback Möglichkeit im SPIEGEL zu nutzen und direkt den Unwillen über diese Berichterstattung beim SPIEGEL abzuliefern. Steter Tropfen höhlt den Stein.
…://www.spiegel.de/kontakt?betreff=Russland+stoppt+erneut+Gaslieferungen+nach+Europa&channel=Ausland&id=2d9e8aee-fd76-4db1-a510-ab64fa146664
–
Diese Schlagzeile steht auch in jedem Lokalblatt in Deutschland. Das ist ganz offensichtlich eine bundesweit oder gar europaweit übernommene Meldung von den globalen Nachrichtenagenturen. Merke: P+R wird immer von oben nach unten durchgereicht!
Die eigentliche Geschichte scheint hier das Verhalten Polens zu sein.
Wenn Polen – warum auch immer – entschieden hat, kein Gas in Russland zu kaufen, Lieferungen der USA ausbleiben, und Polen bei uns Erdgas kauft, dass dann durch die Pipeline von Deutschland nach Polen transportiert werden muss, die somit für den Transport russischen Erdgases nach Deutschland ausfällt: Dann ist das Problem nicht Russland!
Russland macht also genau dass, was die deutsche Regierung, Polen, die Ukraine, die EU und die USA seit langem fordern.
Wo ist das Problem?
Entweder wollen wir weniger russisches Erdgas, um die wirtschaftliche Abhängigkeit von Russland zu reduzieren. Dann sollten wir froh sein, wenn die Gazprom diese Bemühungen unterstützt.
Oder wir brauchen russisches Erdgas so dringend, dass jede Lieferstörung massive Probleme macht. Dann sollten wir aufhören, uns in die Tasche zu lügen, und die ganze Debatte um Nordstream II und Sanktionen zügig beenden.
Die langfristigen Kapazitätsbuchungen des Westens für russisches Gas
sind 2021 stark zurückgegangen, so dass schließlich wegen der geringen
Durchflussmengen die Jamal-Leitung als eine der mehreren Gasleitungen
zeitweise stillgelegt wurde. Das ist ein technisches Problem, da die Verdichter-
Stationen bei Kleinmengen nicht funktionieren.
Die vertragsgerechten russischen Gaslieferungen z.B. an Deutschland erfolgten
und erfolgen weiterhin über die anderen bestehenden Gasleitungen.
Polen hat die Lieferverträge mit Gasprom gekündigt und erhielt daraufhin
sein Gas von deutschen Großhändlern. Da die Jamaltrasse durch Polen läuft
wurde natürlich das von Deutschland gelieferte Gas bereits in Polen aus der
Trasse entnommen und nicht erst nach Deutschland und wieder zurück gepumpt.
Mit der zeitweisen Stilllegung der Jamaltrasse musste jetzt das Gas aus dem deutschen
Gasnetz rückwärts über die Jamaltrasse nach Polen gepumpt werden. Das ist die ganze
Erklärung die sich hinter der Hetzpropaganda der deutschen Medien verbirgt.