Wie das russische Fernsehen über das Treffen von Putin und Macron berichtet hat

Die Präsidenten Macron und Putin haben sich am Montag in Frankreich getroffen und das Treffen macht zumindest vorsischtig Hoffnung auf eine Verbesserung der Beziehungen zwischen der EU und Russland.

Wie ich bereits in einem Artikel über die Pressekonferenz der beiden Präsidenten angekündigt habe, wollte ich noch einen Bericht über das Treffen schreiben. Die deutschen Medien haben es recht stiefmütterlich behandelt, die internationale und natürlich die russische und französische Presse waren da wesentlich ausführlicher. Als ich die vielen Berichte zu einzelnen Aspekten des Treffens gelesen habe, fiel mir auf, dass die vielleicht beste Zusammenfassung vom russischen Fernsehen kam.

Anstatt also aus vielen einzelnen Meldungen einen eigenen Artikel zu verfassen, werde ich den Beitrag des russischen Fernsehens übersetzen. Vorweg sie gesagt, dass es trotz des hoffnungsvollen Treffens noch reichlich Meinungsverschiedenheiten zwischen Russland und Frankreich gibt. Egal, ob es um Syrien oder die Ukraine geht, um Sanktionen gegen Russland oder den Iran, es wird ein steiniger Weg.

Was das Treffen jedoch von vielen vorherigen Treffen zwischen Putin und westlichen Politikern unterschieden hat ist, dass beide Seiten diesmal nicht die Probleme in den Vordergrund gestellt haben, sondern betont haben, dass es um eine gemeinsame Zukunft und eine Annäherung gehe. Das unterstreicht auch ein ungewöhnlicher Schritt von Macron, der am Tag nach dem Treffen auf Facebook einen Post auf russisch veröffentlicht hat, der sehr optimistisch ist und mit den Worten beginnt:

„Russland ist ein tief europäisches Land. Wir glauben an Europa, dass von Lissabon bis Vladivostok gebaut wird.“

https://www.facebook.com/EmmanuelMacron/videos/504406796798280/

Ein „Europa von Lissabon bis Vladivostok“ hat erstmals der französische Präsident De Gaulle ins Spiel gebracht hat. Putin hat sich dieses Ziel zu eigen gemacht und eines der wichtigsten Ziele seiner Politik ist es, Europa und Russland in zu einem „kulturellen und wirtschaftlichen Raum von Lissabon bis Vladivostok“ zusammen zu führen. Schon in seiner Rede im Bundestag 2001 war das deutlich herauszuhören, als er über eine Partnerschaft sprach. In meinem Buch über Putin kann man an ungezählten Zitaten sehen, dass er dieses strategische Ziel immer noch verfolgt, wobei Putin übrigens die Anekdote erzählt, dass er durch Bundeskanzler Kohl auf diese Idee gebracht wurde. Auch das habe ich in dem Buch ausführlich zitiert.

Ob das Treffen am Montag der Beginn einer „Erwärmung“ ist, wie französische Zeitungen getitelt haben, wird man sehen. Nun zu dem Beitrag des russischen Fernsehens über das Treffen.

Beginn der Übersetzung:

Das Treffen im französischen Breganson fand kurz vor dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs der G7 in Biarritz statt. Daher bekam der Dialog zwischen Moskau und Paris besondere Aufmerksamkeit.

Das Treffen, das von der Presse, Experten und Politikwissenschaftlern noch lange diskutiert werden wird, dauerte fast zweieinhalb Stunden. Aber das war nur der offizielle Teil. Dann gab es ein gemeinsames Mittagessen mit den Delegationen. Während Journalisten den ganzen Tag live im Fernsehen berichteten, eilten Touristen und Einheimische zum nächsten Strand. Aber auch dort ließen sie die Telefone nicht aus der Hand.

Wer denkt an Urlaub hier, während Südfrankreich im Zentrum der Weltpolitik steht. In seiner Residenz trifft Emmanuel Macron Wladimir Putin mit seiner Frau Brigitte. Der russische Präsident hat Blumen für die First Lady von Frankreich dabei. Und überraschend findet eine improvisierte Pressekonferenz vor den eigentlichen Verhandlungen statt. Das geschah auf Initiative der französischen Seite. Die russische Delegation bekam eine privilegierte Position: die Plätze im Schatten. Nur eine Geste, aber diplomatisch spricht sie Bände, da Temperaturen von fast 30 Grad herrschen.

„Ich freue mich sehr, Herrn Putin zu empfangen. Die heutige Diskussion ist mir sehr wichtig. Danke, lieber Wladimir, dass du dir die Zeit genommen hast und nach Breganson gekommen bist“ sagte Macron.

Putin hatte sogar Zeit, die Residenz und die Umgebung aus der Vogelperspektive zu sehen. Der Ort wurde nicht zufällig gewählt.

Fort Breganson ist nicht bloß eine offizielle Residenz, es ist einer der wichtigsten Orte der französischen Politik. Die Festung erhielt ihren Status unter De Gaulle und danach verbrachten Pompidou, Giscard D’Estaign und Chirac hier viel Zeit. Emmanuel Macron ist der jüngste Hausherr des Forts. Und umso wichtiger ist es für ihn, seine Verbindung zu den Traditionen zu demonstrieren, die von den großen Präsidenten der Fünften Republik geschaffen wurden.

Eine solche Tradition ist die unabhängige Außenpolitik. Die Stimme Frankreichs und Europas wird bei der Schaffung einer neuen Architektur der internationalen Beziehungen gebraucht. Putin betont, dass nicht Russland sich aus INF-Vertrag zurückgezogen hat, aber geht es bereits um die Zukunft eines weiteren wichtigen Vertrags, um den NEW START-Vertrag. Moskau hat seine Vorschläge geäußert. Es gibt immer noch keine Reaktion aus Washington. Putin und Macron diskutieren wenige Tage vor dem G7-Treffen in Biarritz über die wichtigsten internationalen Fragen. Allerdings ist die Erinnerung an die G8 in Frankreich noch frisch.

Der Korrespondent der französischen Presseagentur fragte den russischen Staatschef, ob ihm die Mitgliedschaft im G8-Klub fehle und ob er dahin zurück wolle.

„Es gibt sie doch gar nicht. Wie kann ich zu einer Organisation zurückkehren, die nicht existiert? Es gibt die G7, heute sind es sieben Staaten. Was ein mögliches Format im Rahmen der acht Staaten betrifft, so haben wir Gespräche nie abgelehnt. Russland war damals an der Reihe, das G8-Treffen abzuhalten, aber unsere Partner kamen nicht. Bitte sehr, wir sind jederzeit bereit, unsere Partner im Rahmen der G7 zu empfangen“ sagte Putin.

Darüber hinaus gibt es aber andere Formate, die G-20, die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die BRICS, in denen Russland aktiv mitarbeitet. Der Fokus der Präsidenten liegt auf der Lage in der Ukraine. Es gebe keine Alternative zum Normandie-Format, betont Putin. Auf der Tagesordnung stehen auch Syrien, Iran, und Libyen, wo Russland sich mit Frankreich bei den Bemühungen um eine Lösung abstimmen möchte und wo eine Aussöhnung der Konfliktparteien anzustreben ist. Ein wichtiges Thema für Frankreich ist das Klima. Präsident Macron begrüßte die Entscheidung Russlands, das Pariser Abkommen zu ratifizieren. Aber Putin wird von der französischen Presse gefragt, was in Russland selbst geschieht. Zum Beispiel über die jüngsten Proteste.

„Die Bürger haben das Recht auf friedliche Proteste in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht, und die Behörden müssen sicher stellen, dass diese Rechte gewahrt werden. Aber niemand – weder die Behörden noch irgendwelche Gruppen von Bürgern – hat das Recht, gegen geltendes Recht zu verstoßen und die Situation zu eskalieren oder Zusammenstöße mit den Behörden zu provozieren. Das wäre ein Verstoß gegen das Gesetz und alle, die für diese Verstöße verantwortlich sind, sollten nach geltendem russischen Gesetz zur Verantwortung gezogen werden.“ sagte Putin.

Solche Ereignisse finden nicht nur in Russland statt, sondern auch in vielen europäischen Ländern. Frankreich bildet da keine Ausnahme. Die Proteste der Gelbwesten sind nicht nur für den Staat, sondern vor allem für die französische Gesellschaft zu einer echten Bewährungsprobe geworden.

„Ich bin hier zu Gast und es ist mir unangenehm, darüber zu sprechen, aber ich muss es ansprechen, weil Sie danach gefragt haben. Wir alle kennen die Ereignisse um die sogenannten Gelbwesten, bei denen nach unseren Informationen 11 Menschen getötet und 2.500 verletzt wurden, darunter 2.000 Polizisten. Wir möchten nicht, dass solche Dinge in der russischen Hauptstadt passieren“ sagte der russische Präsident.

„Ja, in Frankreich wurden Bürger verletzt, Polizisten wurden verletzt, und das beunruhigt mich sehr. Es ist notwendig, dass die Bürger an friedlichen Demonstrationen teilnehmen können“ betonte der französische Präsident.

„Das ist genau das, was wir tun. Zweimal, sowohl im Juli als auch im August dieses Jahres, fanden Massenveranstaltungen statt, Kundgebungen jener Bürger, die ihren Protest auf diese Weise zum Ausdruck bringen wollten. Die Demonstrationen wurden angemeldet und von den Behörden genehmigt. Sie verliefen friedlich und ohne Ausschreitungen.“ fügte der russische Präsident hinzu.

Eine der Journalistenfragen betraf den kürzlichen Vorfall am Nordmeer. Und da musste Putin die französische Journalistin sogar korrigieren.
„Kürzlich gab es einen nuklearen Zwischenfall in Sibirien, es ist die Rede von einer hohen Radioaktivität in der Luft. Was wurde dort getestet, welche neuen Erkenntnisse hat es den Wissenschaftlern gebracht?“

„Wir müssen hier erst einmal mit der Geografie klar kommen. In Sibirien gab es keine Zwischenfälle. Wenn Sie das Nordmeer meinen, ist dies eine andere Region der Russischen Föderation. Es gibt dort keine Bedrohung und es gibt auch keine Zunahme der Strahlung. Ich bekomme die Berichte von unseren zivilen und militärischen Experten, wir sehen dort keine größeren Veränderungen. Es werden jedoch vorbeugende Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass es keine Überraschungen gibt.“

Präsident Macron sprach sich für einen Neustart der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland aus. Aber Russland hat den Dialog nie abgelehnt. Die Frage ist, ob die Europäische Union selbst zu einem Neustart bereit ist.

Ende der Übersetzung

Wie man sieht – und das zieht sich durch alle Berichte, die ich gesehen habe – sind keine konkreten Ergebnisse der Gespräche bekannt und wahrscheinlich gibt es auch keine. Wichtig war wohl eher das Gesprächsklima, das bei diesem Treffen wesentlich optimistischer war, als bei vorherigen Treffen. Aber bis zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland dürfte es noch ein langer Weg sein, zu viel Porzellan wurde zerschlagen.

Aber ein chinesisches Sprichwort sagt: „Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt.“

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

3 Antworten

  1. Vielen Dank dafür. – Als Ergänzung, und weil eine realistische Sichtweise heutzutage leicht einen zynischen Eindruck hinterlässt, greife ich aus dem Wortlaut der Aussagen von Putin und Macron, veröffentlicht auf der Kreml-Webseite, folgendes heraus:

    Putin: „Was die Perspektiven für die Schaffung eines gemeinsamen Europas von Lissabon bis Wladiwostok betrifft, so war dies nicht unsere Idee. Es war General Charles De Gaulle, der diese Idee zum Ausdruck brachte, während er von einem Europa sprach, das sich von Lissabon bis zum Ural erstreckt. Aber Russland erstreckt sich bis zum Pazifischen Ozean, und dieses gesamte Gebiet ist ein europäischer Kulturraum. Es ist wichtig, dass wir das verstehen.

    *Und es spielt keine Rolle, dass dies heute unmöglich erscheint. Alles, was heute unmöglich erscheint, kann morgen unvermeidlich werden.* Wir gehen von dieser Annahme aus. Ich glaube, wenn wir heute darüber nachdenken und uns solche Ziele setzen, die für Europa im strategischen langfristigen Kontext sehr wichtig sind (*wenn* es sich als Zentrum *der Zivilisation* erhalten will), aber auch für Russland, und wenn wir daran gemeinsam arbeiten, dann werden wir früher oder später dem Ziel nahe kommen. Es ist wichtig, einen Weg in der einen oder anderen Form zu wählen (egal wie) und sich langsam in die richtige Richtung zu bewegen, entsprechend den heutigen Bedingungen.“ — Übersetzt mit http://www.DeepL.com/Translator, Hervorhebung meiner.

    Wenn ich die konträren Meinungen, die sich-vorbei-reden Instanzen, das Macron Geschwafel sehe, sehe ich nicht, dass Russland und Frankreich auf einander zugehen. Besonders Macrons große Sorge um Idlib dreht mir den Magen um. Aber, wie Putin sagt, das ist egal, denn was auch dort im Moment passiert ist unvermeidlich, die Situation hat sich „gereift“. Wenn Macron sich darum bemüht, dass die Terroristen nicht gerettet werden um anderswo ihr Unheil zu stiften, käme es einer kleinen Revolution gleich und würde natürlich Maron und seine Dienste von den Überresten der CIA trennen. Es gebe viel im Einzelnen zu sagen.

    Aber wie werden voraussichtlich die Ungereimtheiten und die Meinungsverschiedenheiten gelöst? – Im Grunde gesellt sich ein Adenauer zu einem Charles De Gaulle. Nein, ich meine nicht, dass Putin die Rolle Adenauers spielt oder spielen soll. Ich meine Adenauers besondere Standfestigkeit, die in einem Spruch Ausdruck findet: Was schert mich mein dummes Geschwätz von gestern? So wird Europa den unvermeidlichen Weg nehmen, wenn der Weg überhaupt genommen wird. So stelle ich mir den Weg vor, wie die Meinungsverschiedenheiten gelöst werden: dummes Geschwätz, also vergessen wir’s.

    Macron hat sogar gesagt, „Die heutige Diskussion ist mir sehr wichtig, denn heute befinden wir uns in einer historischen Phase.“ Ob er seine eigenen Worte versteht?

    Der Mangel an Berichterstattung in Deutschland ist merkwürdig, interessant und bezeichnend Die Bevölkerung wird in das Tal der Ahnungslosen befördert.

    In Gegensatz zum russischen TV, übertreibt John Laughland in der englischen RT maßlos: „Als Emmanuel Macron sagte, dass Russland für die Lösung verschiedener Krisen in der Welt – Iran, Ukraine, Syrien, der INF-Vertrag – unerlässlich sei, kündigte er eine 180-Grad-Wende in der französischen und westlichen Politik an.“ Nein, eine 180-Grad Wende ist das nicht, und Macron ist nicht in der Lage so etwas anzukündigen, es ist höchstens eine Rochade im Schachspiel. Da – ja, Verschwörung, aber wenn zwei Abteilungen des gleichen Wesens das gleiche machen, wie kann man von Verschwörung reden? – die deutsche Regierung de facto die Staatsmedien bezüglichPutin-Macron mundtot machten, würde ich davon ausgehen, dass sie noch im Stillen schmorrt und irgendwelche Sabotage-Versuche ausheckt. Wird es etwas bewirken? Seien wir optimistisch: nein, es wird nichts bewirken weil wir in einer historischen Phase sind und weil der Weg so wie so unvermeidlich ist. Doch mit dem Meeting mit Putin provoziert Macron die Deutschen: Butter bei die Fische, Karten auf den Tisch legen, was habt ihr in Petto? Ihr seid am Zug.

    Und da kommt Trump schon wieder nach Europa, und schon wieder kein Deutschland-Besuch. – Wie viele Backen hat eine Zange?

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