Staatliche Lenkung der Medien: Wenn Informationen aus „ungenannter Quelle“ kommen
Wie im Westen staatliche Stellen die Medien lenken, wird heute an einem Artikel im Spiegel ungewollt aufgezeigt.
Man liest immer wieder, dass sich die Medien auf „ungenannte Quellen“ bei Geheimdiensten, Ministerien oder ähnlichem berufen, wenn sie über brisante Ereignisse berichten. Das Problem ist, dass eine solche „ungenannte Quelle“ sich durch den Verrat von Dienstgeheimnissen strafbar machen würde. Wenn man anschließend also nichts darüber hört, dass eine Untersuchung angeordnet und der Maulwurf gesucht wird, kann man davon ausgehen, dass staatlichen Stellen wollten, dass diese Information öffentlich wird. Es ist also keine „sensationelle“ Enthüllung der Presse, sondern eine gewollte, ja sogar bestellte, Veröffentlichung.
Man könnte eine solche Information auch über eine Pressekonferenz bekannt geben, aber das wäre nicht so sensationell, wie eine „ungenannte Quelle“. Außerdem sind „ungenannte Quellen“ besonders vorteilhaft, wenn man eine (falsche) Anschuldigung in den Raum stellen möchte. Man selbst hat es nicht behauptet, man zitiert nur eine „ungenannte Quelle“. Sehr praktisch und das schützt auch vor möglichen Klagen wegen Verleumdung. Aber die Schlagzeilen sind da, das Gerücht ist gestreut, der Verdacht steht im Raum und wenn man darüber danach nur oft genug berichtet, vergessen die Leser, dass es für die Behauptungen keinerlei Belege gibt und nehmen sie als Fakten wahr.
Was Menschen passiert, die Skandale veröffentlichen, die dem Staat nicht gefallen, kann man an Menschen wie Assange oder Snowden sehen.
Am Donnerstag hat die Sprecherin des russischen Außenministeriums das Thema auch angesprochen und an die Adresse Londons gefragt, wer eigentlich dort ein Interesse an der Veröffentlichung bestimmter Informationen hat, die aus „Ermittlerkreisen“ an die Presse gelangen. Und sie hat gefragt, warum niemand für diese angeblichen Indiskretionen bestraft wird.
Sie bezog sich dabei auf den „Fall Skripal„. Es gibt zu dem Fall keinerlei Fakten von offizieller Seite. Das einzige, was wir von offizieller Seite haben, ist ein teilweise geheimer Bericht des OPWC, das nicht einmal ganz sicher ist, womit die Skripals vergiftet wurden, weil es die Proben erst nach einigen Wochen bekommen hat. Was vorher damit gemacht wurde, weiß niemand. Und über die Herkunft des Giftes konnte das OPWC gar nichts sagen.
Das sind die objektiven Fakten.
Wie kommt es bei dieser Faktenlage dann dazu, dass die Presse ständig Russland beschuldigt? Das liegt daran, dass „ungenannte Quellen“ der Presse Informationen zukommen lassen. Und wenn diese Informationen so offensichtlich von staatlicher Stelle durchgestochen werden, dass selbst die Presse sie nicht veröffentlichen würde, weil es zu offensichtlich ist, dann kommen „Enthüllungsplattformen“ ins Spiel. Und über deren „Enthüllungen“ berichtet die Presse dann.
Im Fall Skripal hat „Bellingcat“ diese Rolle übernommen und sogar Passkopien der angeblichen Täter veröffentlicht. Die kann Bellingcat nur von den Behörden bekommen haben, sie sind nicht frei zugänglich, aber die britischen Behörden hatten sie, denn bevor ein Russe in England einreisen darf, muss er seinen Pass beim britischen Konsulat abgeben, das ihm ein Visum ausstellt. Der Weg der Passkopien von britischen Behörden zu Bellingcat ist also offensichtlich. Hinzu kommt, dass Bellingcat mit dem Atlantic Council eng verbunden ist, das über exzellente Geheimdienstkontakte verfügt.
Aber niemand ist auf die Idee gekommen, nach dem dem Maulwurf zu suchen, der die Informationen weitergegeben hat. Offensichtlich war die Veröffentlichung der Information staatlich gewollt, um Russland zu beschuldigen. Ansonsten hätte man hektisch nach der undichten Stelle gesucht.
Nun zu dem ungewollt verräterischen Spiegel-Artikel von heute.
In dem Artikel geht es um den kleinen Skandal, dass der britische Botschafter in Washington in dienstlicher Korrespondent über Trump hergezogen ist und das an die Öffentlichkeit geraten ist. Der Botschafter musste zurücktreten. Im Spiegel steht dazu:
„Die Polizei in London hat im Zusammenhang mit dem Rücktritt des britischen Botschafters in Washington Ermittlungen eingeleitet. Untersucht werde, wie die vertraulichen Memos des Botschafters Kim Darroch, die zu seinem Rücktritt führten, an die Öffentlichkeit gelangen konnten. Der stellvertretende Polizeichef Neil Basu forderte den oder die Verantwortlichen auf, sich zu stellen. Er warnte Journalisten zudem davor, durchgestochene Informationen zu veröffentlichen. Auch dies könne ein Strafvergehen sein.“
So sieht es aus, wenn eine Information ungewollt an die Öffentlichkeit gerät. Ermittlungen zu den durchgestochenen Informationen im Fall Skripal hat es hingegen nie gegeben. Und das gilt für jeden Artikel in den Medien, der sich auf „ungenannte Quellen“ beruft: Wenn es hinterher keine Ermittlungen deswegen gibt, war es gewollt, dass die Information an die Öffentlichkeit kommt. Und das sollte den Leser sofort skeptisch machen.
Übrigens sind sich die Medien auch nicht zu schade, gleich ganze Artikel von Ministerien schreiben zu lassen und als ihre eigenen Recherchen auszugeben. Das konnten wir zum Beispiel im März bei Bloomberg anschaulich beobachten, als russische Prankster den Venezuela-Beauftragten der USA per Telefon in eine Falle gelockt haben. Als sie die Story veröffentlicht haben, musste Bloomberg schnell ganze Artikel umschreiben, die das Pentagon der „Nachrichtenagentur“ diktiert hatte.
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