Der „Fall Strache“: Staatsanwaltschaft sieht kein illegales Verhalten, hat aber Fragen an den Spiegel
Der „Fall Strache“ bekommt schon die ersten offiziellen Risse, auch wenn deutsche Medien das verschweigen.
Wie ich gestern schon dargestellt habe, wirft der Fall einige Fragen auf. Dabei darf natürlich nicht übersehen werden, dass illegale Parteienfinanzierung und Korruption in der Politik Verbrechen sind, die schwer bestraft gehören. Theoretisch.
Die Praxis sieht aber anders aus. Als 2016 bekannt wurde, dass Lobbyisten Treffen mit SPD-Ministern für 7.000 Euro „bestellen“ konnten, hat niemand nach staatsanwaltlichen Ermittlungen gerufen, obwohl hier der Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung vorlag und auch der Verdacht der Bestechung. Denn warum sollten Lobbyisten Geld für ein Treffen mit einem Minister bezahlen, wenn nicht, weil sie sich im Gegenzug gefälliges politisches Verhalten davon versprechen?
Der Fall tauchte in den Medien kurz auf, verschwand dann schnell wieder und Ermittlungen hat es nie gegeben. Der Grund dafür dürfte in § 146 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) liegen, der es der Staatsanwaltschaft untersagt zu ermitteln, wenn der Vorgesetzte es nicht erlaubt. Wörtlich steht in §146 GVG:
„Die Beamten der Staatsanwaltschaft haben den dienstlichen Anweisungen ihres Vorgesetzten nachzukommen.“
Und wer ist der Vorgesetzte der Staatsanwaltschaft? Der Justizminister. Und wer war damals, 2016, Justizminister? Richtig, ein Mann von der SPD, der Name des sympathischen Mannes ist Heiko Maas. Und der Justizminister Maas hat dem Staatsanwalt nicht erlaubt, dass er gegen den Justizminister Maas und seine Parteifreunde ermittelt. So funktioniert der deutsche Rechtsstaat.
Aber zurück zum Fall Strache. Die wichtigsten Fragen, die offen sind, sind unter anderem: Warum wurde das 2017 gedrehte Video erst jetzt veröffentlicht? In welchem Zusammenhang sind die Aussagen, die Strache vorgeworfen werden, gefallen?
Man müsste also das ganze Video veröffentlichen, um zu sehen, ob die Vorwürfe gerechtfertigt sind, denn die Vorwürfe, die die Medien machen, gehen nicht alle aus den veröffentlichten Passagen hervor, man muss den Medien glauben, dass es so gewesen ist, das veröffentlichte Material zeigt es nicht.
Der Spiegel hat heute den Versuch gemacht, auf die offenen Fragen zu antworten, ohne sie zu beantworten. Dazu hat er in einem Artikel unter der Überschrift „Leserfragen zum Strache-Video – Warum so, warum jetzt, warum überhaupt?“ fünf Fragen gestellt, die Antworten sehen wir uns nun einmal an.
Die erste Frage des Spiegel ist:
„Warum erscheint das Video neun Tage vor der Europawahl?“
Gute Frage, denn man muss nicht allzu intelligent sein, um zu verstehen, dass es sich um Wählerbeeinflussung handelt, wenn man so etwas unmittelbar vor einer Wahl veröffentlicht, zumal wenn das Material schon zwei Jahre alt ist. Der Spiegel drückt sich jedoch um die Antwort:
„Der SPIEGEL hat die Enthüllungen rund um FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache rasch nach Prüfung des Materials veröffentlicht, mit der Europawahl hat es nichts zu tun. Das Video wurde am Abend des 24. Juli 2017 in einer Villa auf Ibiza aufgenommen. Der SPIEGEL und die „Süddeutsche Zeitung“ haben es erst im Laufe dieses Monats zugespielt bekommen. Erst nachdem der SPIEGEL und die „Süddeutsche Zeitung“ sicher waren, dass das Video authentisch und nicht verfälscht ist, haben sich die beiden Redaktionen zur Veröffentlichung entschieden“
Alles gut und schön. Und ich will dem Spiegel sogar glauben, dass er das Video erst kürzlich bekommen hat. Aber der Spiegel beantwortet die von ihm selbst gestellte Frage nicht, denn wenn es so ist, wie der Spiegel schreibt, dann stellt sich doch die Frage, wer hat dem Spiegel das Video so lange zurück gehalten und mit welchem Ziel? Darauf geht der Spiegel jedoch nicht ein. Ohne also zu wissen, von dem das Video ist und warum es ausgerechnet jetzt zum Spiegel gekommen ist, stellt der Spiegel trotzdem fest: „mit der Europawahl hat es nichts zu tun„. Woher will er wissen, was die Motivation der unbekannten Quelle ist?
Die zweite Frage des Spiegel ist ein reines Ablenkungsmanöver:
„Wie wurde die Echtheit geprüft?“
Die Echtheit wird von niemandem bestritten, daher ist die Frage überflüssig.
Dann kommt die schon von mir erwähnte interessante Frage:
„Woher stammt das Video?“
Und der Spiegel antwortet:
„Aus Gründen des Quellenschutzes macht der SPIEGEL keine Angaben über die Herkunft. Es floss weder Geld, noch gab es andere geldwerte oder sonstige Gegenleistungen.“
Das ist interessant. Es ist gesetzlich verboten, heimlich Film- oder Tonaufnahmen von Gesprächen zu machen, das geht nur mit Einwilligung aller Beteiligten und wir reden dabei über einen Straftatbestand. Der Spiegel versteckt sich also hinter seinem journalistischem Quellenschutz und deckt Strafttäter.
Ich habe das Video einem Freund in Russland gezeigt, der eine Sicherheitsfirma besitzt und immer wieder mit der Polizei zusammenarbeitet, wenn es beispielsweise um Unterschlagungen bei Firmen geht. Dort werden dann auch getarnte Kameras angebracht, um die Täter zu entdecken und zu überführen.
Als er die Aufnahmen des Strache-Videos sah, war er sich sofort sicher, dass die von einer staatlichen Stelle gemacht worden sind, denn ein ganzes Haus mit getarnten Kameras zu präparieren, die nicht entdeckt werden können und außerdem in der Lage sind, stundenlang aufzunehmen, können praktisch nur Polizei und Geheimdienste leisten. Die nötige Technik ist nur schwer zu bekommen, schon weil so etwas nicht frei verkäuflich ist, und sie korrekt zu installieren, setzt eine große Portion Fachwissen voraus.
Aber selbst wenn es Privatleute waren, die diese Aufnahmen gemacht haben, dann waren es Leute, die ihr Handwerk verstanden haben. Und das deutet wieder auf zumindest ehemalige Geheimdienstleute hin.
Das würde aber die Frage aufwerfen, welche Geheimdienste ein Interesse daran haben, kompromittierendes Material über Strache zu sammeln. Würde der Spiegel die Herkunft des Materials nennen, bräuchten wir über solche Fragen nicht zu spekulieren.
Die Medien haben aber nicht vor, das ganze Video zu veröffentlichen, was wohl juristische Folgen haben wird. Strache wird auf Herausgabe klagen, da bin ich sicher und er hat das ja auch in seiner Presseerklärung bereits angekündigt.
An dieser Stelle sind Meldungen aus Österreich interessant. Radio Ö1 vom ORF hat mitgeteilt, dass die österreichische Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen aufnehmen wird, weil in den veröffentlichten Passagen nichts ist, was auf Straftaten hindeutet, nicht einmal ein Anfangsverdacht ergibt sich daraus. Die von Spiegel und Süddeutscher Zeitung losgetretene Medienkampagne hat also nichts ans Licht gebracht, was man Strache tatsächlich vorwerfen kann. Es ist eine rein mediale Hysterie.
Die österreichische Staatsanwaltschaft möchte nun das gesamte Video haben, um zu überprüfen, ob sich dabei doch noch ein Verdacht ergibt, die deutschen Medien lehnen die Herausgabe aber ab. Warum denn, wenn es alles so eindeutig ist? Quellenschutz kann nicht der Grund sein, die Protagonisten sind auf den veröffentlichten Fragmenten ohnehin schon zu sehen.
Und auch Bundeskanzler Kurz will wissen, woher das Video kommt. Das russische Fernsehen zitiert ihn mit den Worten:
„Mehr noch, man muss natürlich auch herausfinden, wie das Video entstanden ist und wer es bestellt hat.“
Damit kommen wir zur vierten Frage des Spiegel:
„Warum hat der SPIEGEL nur kurze Ausschnitte veröffentlicht?“
Und der Spiegel antwortet:
„SPIEGEL und „Süddeutsche Zeitung“ haben aus dem mehr als sechsstündigen Material einige der Passagen öffentlich gemacht, die politische Bedeutung haben und damit von hohem öffentlichem Interesse sind. Private Plaudereien, die von den versteckten Kameras festgehalten wurden, gehören nicht in die Öffentlichkeit.“
Diese Antwort ist wieder Unsinn und soll davon ablenken, dass der Spiegel das Video aus nicht genannten Gründen nicht veröffentlichen will. Strache und Gudenus, die Betroffenen der „Enthüllungen“, fordern ja die Veröffentlichung des gesamten Videos, haben also kein Problem damit, dass „private Plaudereien“ in die Öffentlichkeit kommen. Wo ist also das Problem?
Dies erhärtet den Verdacht, dass auf dem Video nichts tatsächlich belastendes zu sehen ist, außer einigen sehr kurzen Passagen, die aus dem Zusammenhang gerissen sind und daher nicht eingeordnet werden können.
Man bedenke: Das Gespräch dauerte sechs Stunden, also 360 Minuten, daraus wurden ganze zwei Minuten veröffentlicht, die laut Spiegel „politische Bedeutung haben und damit von hohem öffentlichem Interesse sind„. Das würde aber bedeuten, dass die restlichen 358 Minuten komplett unverfänglich waren. Das deutet sehr darauf hin, dass der Spiegel hier etwas konstruiert hat.
Den Verdacht kann der Spiegel leicht ausräumen, er müsste nicht einmal das ganze Video veröffentlichen. Es reicht, die zitierten Passagen in ihrem Zusammenhang zu veröffentlichen, also zum Beispiel die zehn Minuten vor und nach den potenziell verwerflichen Äußerungen von Strache, dann könnte man sie einordnen und sich ein Bild machen.
Der Spiegel wird seine Gründe haben, warum er das nicht tut. Nur nennen tut er sie nicht und versteckt sich stattdessen hinter offensichtlichen Ausflüchten.
Und die letzte Frage des Spiegel lautet:
„Was sagen Strache und Gudenus zu dem Video?“
Das kann man ungefiltert in Straches Presseerklärung nachsehen. Er bestreitet, dass da etwas illegales gelaufen wäre und entschuldigt sich für unangemessene Äußerungen, die nach viel Alkohol in einem privaten Gespräch gefallen sind. Und in der Tat ist zu sehen, dass außer Wein auch hochprozentige Getränke auf dem Tisch standen. Strache wurde also von Profis, die ein ganzes Haus mit Spionagetechnik verwanzt haben, systematisch abgefüllt und man versuchte ihm sechs Stunden lang, etwas belastendes zu entlocken. Und alles, was dabei herausgekommen ist, sind einige kurze Fragmente von ca. zwei Minuten Gesamtlänge.
Das ganze erinnert an den „Fall Frohnmaier“, wo der Spiegel vor ca. sechs Wochen das gleiche schon mal versucht hat. Damals war die Lüge des Spiegel leicht zu enthüllen, denn es ging um Emails, zu denen man recherchieren konnte und auch die zweifelhafte Quelle (Dossier Center) wurde vom Spiegel genannt. So konnte man schnell überprüfen, was an der Geschichte dran war. Und es war bekanntermaßen nichts dran, nachdem ich die Recherchen dazu am 8. April veröffentlicht habe, gab es im Spiegel keinen Artikel mehr, der sich diese „Affäre“ als Hauptinhalt hatte. Vorher waren es fünf Artikel in drei Tagen zwischen dem 5. und 8. April.
Der Spiegel hat also dazu gelernt, diesmal gibt er unabhängigen Rechercheuren keine Chance, seine Behauptungen zu überprüfen. Keine Quelle und auch kein Material. Man muss dem Spiegel die Geschichte blind glauben.
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