Das russische Außenministerium über die US-Aggression gegen den Iran

Bei der wöchentlichen Pressekonferenz des russischen Außenministeriums ging es am Donnerstag auch um die Entwicklungen am Persischen Golf und den Konflikt der USA mit dem Iran. Die Sprecherin Maria Sacharova fand wieder deutliche Worte an die Adresse der USA, die den Konflikt mit dem Bruch des Atomabkommens vor einem Jahr provoziert haben. Ich habe die offizielle Position des russischen Außenministeriums in dem Konflikt übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Wir sind ernsthaft besorgt über die Eskalation der anti-iranischen Hysterie in den USA, nachdem Teheran als Reaktion auf massive US-Sanktionen angekündigt hatte, Teile des Atomabkommens auszusetzen.

Frage: Haben die Iraner das Recht, solche Schritte zu unternehmen? Aus unserer Sicht, wie auch aus völkerrechtlicher Sicht, ist es logisch und nachvollziehbar, wie sich die Ereignisse der letzten Jahre entwickelt haben. Danach haben sie natürlich jedes Recht, solche Schritte auf der Grundlage der Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrates zu unternehmen, der 2015 das Atomabkommen ratifiziert hat. In Artikel 26 des Abkommens heißt es: „Der Iran wird die erneute Verhängung von Sanktionen als Grundlage für die vollständige oder teilweise Einstellung seiner Verpflichtungen betrachten„. Daher kann die Frage, ob der Iran das Recht hat oder nicht, nicht nur als abgeschlossen, sondern auch als unangemessen angesehen werden.

Daher kann es im Rahmen der Vereinbarungen keine Beschwerden gegen Teheran geben. Dabei sehen wir eine paradoxe Situation: Die Amerikaner sind vor einem Jahr aus diesem Abkommen ausgetreten, fordern aber, dass der Iran sich weiter daran hält. So sieht die Theorie des Amerikanischen Exzeptionalismus in der Praxis aus. Wer in Washington dieser Theorie anhängt, darüber redet und sie umsetzt, setzt wahrscheinlich darauf, dass sich die USA Schritt für Schritt aus dem modernen System des Völkerrechts zurückziehen. Gleichzeitig sollen aber alle anderen ihren Verpflichtungen treu bleiben.

Die USA verschärfen die Situation im Persischen Golf, indem sie Flugzeugträger und Bomber dort hin verlegen. Damit einher gehen kriegerische Äußerungen und vollkommen unbegründete Anschuldigungen gegen den Iran über „subversive Aktivitäten“ in der Region, die amerikanische Diplomaten im benachbarten Irak bedrohen. Die Iraker, die von den Vereinigten Staaten nicht nur bedroht wurden, sondern die durch ihr Handeln starben, hat man in den USA schon vergessen.

Es entsteht der Eindruck, dass Sanktionen, militärischer Druck und harte, aggressive Rhetorik aus Washington Teheran bewusst zu einer härteren Reaktion provozieren sollen. Sie suchen sogar nach einem Grund für eine direkte Konfrontation.

Das ist eine sehr gefährliche politische Linie. Sie bricht nicht nur bewusst das Atomabkommen, das der Iran bisher erfüllt hat, sondern sie kann den gesamten Nahen Osten destabilisieren.

Wir würden den Vereinigten Staaten empfehlen, darüber nachzudenken, wohin ihr aggressives Verhalten führen könnte, welche zusätzlichen Probleme für die leidgeprüfte Region und für die gesamte internationale Sicherheit durch eine solche Politik geschaffen werden können. Ansonsten liegt die ganze Verantwortung bei Washington.

Wir unterstreichen: Russland ist für die baldige Einberufung der Gemeinsamen Kommission der Vertragspartner des Atomabkommens. Es bedarf gemeinsamer Anstrengungen, um das Abkommen aufrechtzuerhalten und einen Weg nach vorn zu finden. Die USA sollten dem nicht im Wege stehen.

Wir haben mit Sorge aufgenommen, dass am 12. Mai vier Öltanker, zwei saudische, je einer aus den Emiraten und aus Norweger, in den Hoheitsgewässern der Vereinigten Arabischen Emirate in der Nähe des Emirats Fujairah zum Ziel von Angriffen oder Sabotage durch Unbekannte geworden sind. Glücklicherweise gab es keine menschlichen Opfer und keinen schweren Sachschaden. Auch Ölverschmutzungen im offenen Meer konnten vermieden werden.

Nach den bekannten Informationen arbeiten die Emirate aktiv an der Untersuchung der Umstände des Vorfalls. Wir gehen davon aus, dass es notwendig ist, zu klären, wer für diese Aktionen verantwortlich ist und was die wahren Motive ihrer Organisatoren waren.

Solche Vorfälle sind alarmierend. Sie stellen eine Bedrohung für die Sicherheit der internationalen Schifffahrt dar, insbesondere wenn es um die strategisch wichtigen Handelsrouten geht, die durch das Gebiet führen.

All dies erhöht das ohnehin schon hohe Maß an Spannung im Persischen Golf, das durch die erhebliche Verstärkung der dortigen US-Marinegruppe ausgelöst wurde. Leider glauben die Amerikaner nach wie vor, dass sie durch harten Druck auf den Iran Zugeständnisse erreichen und insbesondere sein Raketenprogramm und die ihm angelastete Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten beenden können.

Wir sind davon überzeugt, dass solche Entwicklungen schlimmste Folgen haben können und die Region in eine groß angelegte militärische Konfrontation mit erheblichen Opfern und Zerstörungen stürzen können. Es liegt auf der Hand, dass alle beteiligten Länder in diesem Fall verlieren werden.

Ende der Übersetzung


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https://anti-spiegel.com/2019/was-sagt-putin-selbst-zu-den-fragen-der-interbationalen-politk-hier-kommt-er-zu-wort/
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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