Wahl in Russland wegen Unregelmäßigkeiten annulliert – Warum die deutschen Medien kaum berichten
Früher war es ein eingespieltes Ritual, dass bei jeder Wahl in Russland von Wahlfälschungen berichtet wurde. Dabei waren die westlichen Medien mit Beschuldigungen bei der Hand und beriefen sich auf NGOs wie Golos, aber nicht auf die OSZE. Irgendwie ist davon schon länger nichts mehr zu hören, dabei gab es doch einige Wahlen in Russland.
Dass ich dieses alte Thema aufgreife, liegt daran, dass in Russland heute wegen Unregelmäßigkeiten eine Gouverneurswahl im Fernen Osten annulliert wurde, ohne dass es dazu die üblichen Meldungen über Wahlfälschungen in Russland gab. Aber dazu später mehr.
Zunächst zu den Vorwürfen von früher. Diese kamen meistens von Golos, einer angeblich unabhängigen NGO in Russland, die sich für faire Wahlen einsetzte. Nun war Golos aber gar nicht unabhängig, sondern wurde zu einem Großteil aus den USA finanziert. Und zwar unter anderem vom National Endowment for Democracy (NED) und USAID. Das NED ist eine „NGO“ der US-Regierung, die gegründet wurde, um die Politik in anderen Ländern zu beeinflussen. Da ich davon ausgehe, dass nur wenige das NED kennen, hier ein wenig detaillierter über diese „NGO“. In Anführungsstriche gesetzt, weil man kaum von einer Nichtregierungsorganisation (NGO) sprechen kann, wenn sie von einem Staat gegründet, finanziert und gelenkt wird.
Ein Beispiel für indirekte aber trotzdem 100%ige staatliche Finanzierung einer sogenannten NGO ist das National Endowment for Democracy. Wikipedia bringt es (bisher noch) auf den Punkt: Das „National Endowment for Democracy (NED) ist eine US-amerikanische Stiftung und Denkfabrik mit dem erklärten Ziel der weltweiten Förderung der liberalen Demokratie. Sie wurde 1983 vom US-Kongress in Washington, D.C. gegründet und erhält von diesem für ihre Arbeit eine jährliche Finanzierung aus dem US-Bundeshaushalt. Der Kongress schuf NED als halbstaatlichen Arm der Außenpolitik. Trotz der staatlichen Finanzierung handelt es sich rechtlich um eine private, gemeinnützige Organisation. Das ermöglicht dem Staat die Weitergabe von Haushaltsmitteln an ausländische Organisationen über einen Dritten.“
Nicht in allen Fällen haben die Aktivitäten des NED zu demokratischen Veränderungen geführt, das NED war offensichtlich schon zufrieden, wenn mit seiner Hilfe pro-amerikanische Regierungen an die Macht kamen, sodass danach das Ziel der „Förderung der Demokratie“ nicht weiter verfolgt werden musste. Ohne allzu sehr in die Tiefe gehen zu wollen, seien einige Kritikpunkte zitiert: Der US-Politiker Pat Buchanan nannte die NED-Aktivitäten laut Wikipedia eine „weltweite Agitation für demokratische Revolutionen und Einmischung in innere Angelegenheiten anderer Länder“
Im Oktober 2003 kommentierte das Mitglied der Republikanischen Partei Ron Paul die Aktivitäten des NED wie folgt: „Das … NED nichts anderes als ein teures Programm, das mit dem Geld der Steuerzahler freundlich gesinnte Politiker und politische Parteien im Ausland fördert. … Was die NED in fremden Staaten unternimmt, wäre in den USA illegal. Dass NED bringt „weiches Geld“ in Wahlen im Ausland um die eine oder andere Partei zu fördern. Stellen Sie sich vor, was ein paar hunderttausend Dollar Unterstützung für einen Politiker oder eine Partei in einem relativ armen Land ausmachen. Es ist orwellianisch zu behaupten, US-Manipulationen von Wahlen in fremden Staaten würde die Demokratie befördern. Wie würden die Amerikaner reagieren, wenn die Chinesen mit Millionen von Dollar bestimmte pro-Chinesische Politiker unterstützen würden? Wäre das eine ‚demokratische Entwicklung‘?“
Auf den Punkt brachte es der Mitbegründer und ehemalige Vorsitzende des NED, Allen Weinstein, der zur Tätigkeit des NED in einem Interview mit der Washington Post am 21. September 1991 sagte, das NED tue das, „was vor 25 Jahren die CIA verdeckt getan hat“.
Wir können also festhalten, dass das NED de facto eine Organisation der US-Regierung ist und entsprechend muss man seine Aktivitäten auch einordnen: Es geht um die Förderung von US-Interessen. Es ist im übrigen interessant, wie oft man auf das NED als Finanzier stößt, wenn man sich mit politischen NGOs beschäftigt, das NED war auch einer Hauptsponsoren des Maidan in Kiew, der Proteste in Moskau 2011 und anderer „pro-westlicher“ Proteste in aller Welt.
Das NED wurde wegen fortgesetzter Einmischung in die russische Innenpolitik zu einer unerwünschten Organisation erklärt und musste seine Arbeit in Russland 2015 einstellen.
Aber zurück zu den russischen Wahlen der Vergangenheit. Trotz der großen Schlagzeilen, waren die tatsächlichen Beanstandungen an russischen Wahlen gering. Es ging immer wieder um Unregelmäßigkeiten in einzelnen Wahllokalen, die jedoch in Summe so gering waren, dass sie auf das Gesamtergebnis keinen Einfluss hatten. Und auch die OSZE hatte keine schwerwiegenden Beschwerden.
Trotzdem hatten die Überschriften in den westlichen Medien auch Einfluss auf die öffentliche Meinung in Russland, weshalb sich die russische Regierung entschloss, alles zu tun, um die Wahlen so transparent wie möglich zu machen.
Die Ergebnisse dieser Bemühungen zeigten Ergebnisse, denn selbst die westlichen Medien, die immer aus jeder Mücke in Russland einen Elefanten machen, konnten an den Wahlen der letzten Jahre (Parlaments-, Präsidents- und Kommunalwahlen) nichts mehr ernsthaft beanstanden. In Russland sind heute in jedem Wahllokal Webcams und jeder Interessierte kann non-stop zuschauen, auch bei der Auszählung der Wahlzettel. Die Wahlurnen sind elektronisch, sodass es auffallen würde, wenn jemand einfach vor Eröffnung der Wahllokale zusätzliche Wahlzettel einfüllen würde, wie es früher vereinzelt vorgekommen ist. Und auch die Zusammenführung der Stimmen in der zentralen Wahlkommission ist vollkommen transparent geregelt.
Vor den letzten Parlamentswahlen fanden im staatlichen Fernsehen eine Woche lang täglich Diskussionen zu verschiedenen Themen statt, bei denen sich die kleinen Parteien, die bisher nicht im Parlament waren, landesweit präsentieren konnten. Man stelle sich das mal in Deutschland vor, wo im Fernsehen nur die Parteien zu Wort kommen, die im Bundestag sitzen und alle anderen Parteien keine Zeit im Fernsehen bekommen. Man konnte Russland also auch nicht mehr vorwerfen, dass die kleinen Parteien benachteiligt oder ausgeschlossen wären.
Entsprechend ist es in den westlichen Medien sehr still geworden um angebliche Unregelmäßigkeiten bei Wahlen in Russland.
Hinzu kommt, dass 2016 mit Ella Pamfilova eine Frau zur Vorsitzenden der Wahlkommission ernannt wurde, die in der Vergangenheit sowohl Putin als auch seine Partei massiv kritisiert hat. Die Ernennung hat sogar Beobachter in Russland überrascht.
Und nun zur Wahl vom Sonntag. Im Fernen Osten fanden in einem Gebiet Wahlen zum Gouverneur statt (vergleichbar mit Ministerpräsidenten der Länder in Deutschland, nur dass diese Gouverneure in Russland direkt und nicht durch das regionale Parlament gewählt werden). Bei dieser Wahl kam es zu Unregelmäßigketn denn bei den Auszählungen führte der Kandidat der Kommunisten kurz vor Ende der Auszählungen so deutlich vor dem pro-Putin Kandidaten, dass die Zeitungen schon seinen Sieg meldeten. Umso überraschter war man am nächsten Morgen, als plötzlich der pro-Putin Kandidat gewonnen haben sollte. Die örtliche Wahlkommission meldete über 200 Unregelmäßigkeiten aus vielen Wahllokahlen und schlug vor, die Wahl deswegen für ungültig zu erklären. Pamfilova schloss sich dem Urteil an, annullierte die Wahl und schaltete die Staatsanwaltschaft ein.
Die Wiederholung der Wahl ist für spätestens Dezember angekündigt. Der Kandidat von Putins Partei Einiges Russland hat bereits angekündigt, nicht noch einmal anzutreten. Er sagte: „Diese Wahl hat nun einen schlechten Ruf. Ich möchte nicht, dass man später auf mich zeigt und sagt, ich würde so lange antreten, bis ich endlich gewonnen habe. Dabei habe ich rein menschlich ein ganz schlechtes Gefühl.“ Der Kandidat der Kommunisten überließ die Entscheidung über seine Kandidatur der Kommunistischen Partei.
Für die Legenden über die böse Diktatur in Russland, die uns die deutschen Medien immer erzählen, ist das natürlich nicht schön. Eine Putin-Kritikerin als Vorsitzende der Wahlkommission, die eine Wahl annulliert, bei der ein Kandidat von Putins Partei gewonnen hat. Das passt nicht zu einer Diktatur. Entsprechend kurz fielen die wenigen Meldungen hierzu in den deutschen Medien aus.
Eine Antwort
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Ich habe mal den russischen Artikel mit DeepL automatisch und ohne Sprachkenntnisse in Russisch uebersetzt:
> Die Wahlkommission der Region Primorskij hat die Ergebnisse der Gouverneurswahlen für ungültig erklärt.
> Die Leiterin der regionalen Wahlkommission, Tatjana Gladkikh, erklärte, die Wahlergebnisse könnten nicht als gültig anerkannt werden. Der Grund dafür seien „erhebliche Verstöße gegen die Wahlordnung“, berichtet Rossiya 24. „Auf der Grundlage der obigen Ausführungen schlage ich vor, folgende Entscheidung zu treffen: die Wahlergebnisse für ungültig zu erklären“, sagte Gladkikh. Zwölf von 13 Kommissionsmitgliedern stimmten für die Entscheidung, während sich ein Mitglied der Stimme enthielt.
> Bei der Wahlkommission ging eine noch nie dagewesene Anzahl von Beschwerden ein – mehr als 200. 115 davon betreffen die Bestechung und die Beförderung von Wählern durch die Zentrale von Andrej Ischtschenko. Der Untersuchungsausschuss hat sofort mit der Überprüfung begonnen.
> Am 16. September fand die zweite Runde der Gouverneurswahlen in der Region Primorskij statt. Der amtierende Gouverneur Andrei Tarasenko erhielt 49,55 % der Stimmen gegenüber 48,06 % für den Kandidaten der KPRF Andrei Ischtschenko. Nach der Veröffentlichung der Wahlergebnisse beschuldigten sich die beiden Kandidaten gegenseitig des Betrugs und der Fälschung.
>Am Vortag hatte die Zentrale Wahlkommission einen Beschluss zur Annullierung der Wahlergebnisse gefasst. Die Leiterin der Zentralen Wahlkommission, Ella Pamfilowa, gab zu, dass diese Situation für sie ein „Schlag ins Gesicht“ war. Die Mitarbeiter der Zentralen Wahlkommission „leben schon nur noch und sehen niemanden“, um das Wahlsystem transparent zu machen. „Sie wissen, wie beleidigend das war: Sie haben einfach unsere gesamte Arbeit genommen und sie durchgestrichen. Ich betrachte das als einen Schlag in den Atem“, sagte sie.
>Unterdessen hat Andrej Ischtschenko laut Interfax eine negative Einstellung zur Entscheidung der Wahlkommission, die Ergebnisse zu annullieren. Der Kandidat hat noch keine Entscheidung getroffen, ob er an den Neuwahlen teilnehmen will, und begründet dies damit, dass er von der KPRF aus zu den Wahlen gegangen ist und die Entscheidung daher auf Gegenseitigkeit beruhen sollte. „Wenn die Partei mir das Vertrauen schenkt, werde ich es natürlich tun“, sagte er.