Pussy Riot Mitglied wird im Privatjet nach Berlin geflogen – Wer bezahlt eigentlich die Rechnung?
Im Spiegel kann man lesen, dass das möglicherweise vergiftete Mitglied von Pussy Riot in Berlin behandelt wird. Und der Spiegel zeigt einen Tweet eines Gruppenmitgliedes von der Ankunft des jungen Mannes in Berlin. Nur die interessanten Fragen stellt der Spiegel mal wieder nicht.
Wer den Twitter-Kanal von „nadya“ anschaut, der kann dort nicht nur das Video sehen, dass auch im Spiegel zu sehen ist, man sieht auch andere Fotos, auf denen Nadeschda Tolokonnikova zu sehen ist, wie sie sich im Sicherheitsbereich des Flughafens Schönefeld aufhält und einen Besucherausweis trägt, der sie zum Betreten ermächtigt. Ein anderes Foto hat sie offensichtlich auf dem Rollfeld des Flughafens gemacht und mit den Worten „In 5 Minuten landet Pjotr. Wir warten auf dem Rollfeld“ kommentiert. Der Patient Pjotr Wersilow und Nadeschda sind verheiratet und haben eine Tochter.
Der Spiegel schreibt nur „Wersilows Behandlung solle in Berlin fortgesetzt werden, sagte seine „Riot“-Kollegin Veronika Nikulschina am Samstag der Internetzeitung „Meduza“. Ein Freund der Familie Wersilow, der in einer Berliner Klinik arbeitet, soll die Behandlung außerhalb Russlands angeboten haben.“
Mir stellen sich aber einige Fragen. Wenn die sogenannten „Aktivisten“ unabhängig arbeiten, und nicht aus dem Westen oder anderen von finanzkräftigen Stellen unterstützt und gelenkt werden, wie können sie sich dann den Transport von Wersliow mit einem Privatjet leisten? Es kann ja noch sein, dass ein „ein Freund der Familie Wersilow (…) in einer Berliner Klinik arbeitet“ und die Behandlung dort übernommen wird. Aber den Privatjet wird kaum ein Mitarbeiter einer Berliner Klinik bezahlt haben.
Auch organisatorisch ist das alles nicht ganz einfach. In Moskau haben nur wenige Menschen ständig ein Visum für die EU, um mal eben spontan nach Deutschland fliegen zu können. Aber OK, nehmen wir, sie hatten Visa und konnten spontan fliegen.
Seine Einlieferung in ein Moskauer Krankenhaus mit angeblich lebensgefährlichen Vergiftungserscheinungen wurde vor drei Tagen gemeldet und zwei Tage später ist Nadeschda schon in Berlin und wartet auf ihren mit einem Privatjet ankommenden Mann. Auf dem Rollfeld!
Als mein Vater vor etwa zehn Jahren mit Verdacht auf Herzinfarkt im Ausland ins Krankenhaus kam und schließlich auf Kosten des ADAC nach Deutschland ausgeflogen wurde, da musste er sich mit einem Linienflug in ärztlicher Begleitung begnügen und auf dem Rollfeld durfte ihn auch kein Mitglied der Familie erwarten.
Was für Pussy Riot hier veranstaltet wird ist nicht nur sehr teuer, sondern ohne Unterstütung deutscher Behörden kaum vorstellbar: Am 13. September kommt er ins Krankenhaus. Einen Tag später ist er wieder bei Bewusstsein und noch einen Tag später ist sie schon in Berlin und wartet auf ihren ankommenden Mann. Sorry, aber wer organisiert dies alles für die angeblich kleine, unabhängige Gruppe von „Aktivisten“? Und warum?
Auf ihrem eigenen Twitter-Kanal schreibt „nadya“ auf Russisch, aber sowohl der offizielle Twitter-Kanal als auch die Facebook-Seite und der Youtube-Kanal der Gruppe sind praktisch komplett auf Englisch. Warum? Wenn die Gruppe doch angeblich gegen Zustände in Russland protestiert und in Russland Veränderungen erreichen will? Wäre es da nicht logisch, wenn sie auf Russisch schreiben würden? Für wen sind also ihre Einträge? Für Russen oder für westliche Presse, die dann sofort aus erster Hand und ohne Dolmetscher alles melden kann, was die „Aktivisten“ so absondern?
Dazu passt, dass die Truppe in Russland keine Rolle spielt. Ihre anarchistischen Aktionen, über die im Westen natürlich nicht berichtet wird, stoßen auf breite Ablehnung, ihre Musik trifft nicht den Geschmack der Russen. Und nachdem sie auch Lieder auf Englisch veröffentlichen, hätte man denken können, dass sie mit der medialen Publicity, die sie im Westen bekommen, wenigstens in einem westlichen Land einen Hit hätten landen können. Aber auch dem westlichen Publikum scheint ihre Musik nicht zu gefallen.
Die Legende von den unabhängigen „Aktivisten“ ist kaum noch zu halten, es sieht eher so aus, als ob deren Kritiker Recht haben, die unterstellen, dass die Truppe aus dem Westen finanziert und gelenkt wird, um bei Bedarf negative Schlagzeilen über Russland zu produzieren. Bleibt die Frage, von wem genau die finanziert und gelenkt werden.
Ich kenne jedenfalls keinen Russen (und immerhin lebe ich seit zwanzig Jahren in Russland), der mal eben mit einem Privatjet zur Behandlung nach Berlin geflogen wurde. Für solche – von wem auch immer – finanzierten Flüge mussten man bisher Chodorkowski oder Timoschenko heißen, aber das sind andere Themen.
Interessant wird auch sein, ob wir wohl erfahren, was mit Wersilow tatsächlich passiert ist. Ich erinnere daran, dass die Gruppe sehr interessante Forderungen hat, über die ich schon vor einiger Zeit berichtet habe. Und netterweise haben Sie auch diese Forderungen auf Englisch verfasst, damit die westlichen Medien sie ohne Hilfe lesen können. Russen allerdings müssen Fremdsprachenkenntnisse haben, um zu verstehen, was die Truppe für Russland fordert.
Eine der Forderung ist die Legalisierung aller Drogen, davon lesen Sie natürlich nichts in der westlichen Presse. Aber Sie können es, Englischkenntnisse vorausgesetzt, selbst überprüfen. Unter dem Video auf ihrem Youtube-Kanal haben sie ihre Forderungen zuerst auf Englisch und dann auf Russisch veröffentlicht, wobei sogar ohne Russischkenntnisse auffällt, dass es auf Englisch neun, auf Russisch aber nur acht Forderungen sind.
Wer die totale Freigabe aller Drogen fordert, der dürfte zumindest ab und an auch mal ein wenig konsumieren. Da ist es immerhin möglich, dass er sich dabei eine Vergiftung zugezogen hat. Und daher warte ich gespannt, ob und was wir über die Art der Vergiftung erfahren.
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