Politischer Mord durch Saudi-Arabien aber keine Kritik von der Bundesregierung
Der Fall Khashoggi schlägt immer höhere Wellen. Es gibt Meldungen, dass das saudische Königshaus über eine Absetzung des Kronprinzen diskutiert. Die UN fordert unterdessen die Aufhebung der diplomatischen Immunität der saudischen Diplomaten in der Türkei und passend dazu ist der saudische Konsul, der bei Tat dabei war, nach Saudi-Arabien abgereist.
Le Figaro meldet, dass der sogenannte Rat der Weisen in Saudi-Arabien tagt und über eine Entmachtung des Kronprinzen Mohamed Ben Salman (MBS) nachdenkt. Demnach soll der 30-jährige Haled Ben Salman als Stellvertreter für den Kronprinzen eingesetzt werden, was auf eine später folgende Absetzung des Kronprinzen hinweist. Außerdem meldet das russische Fernsehen, dass in Saudi-Arabien eine Erklärung für den Fall vorbereitet wird. Nach dieser Version habe ein General eigenmächtig gehandelt und das Königshaus hätte von der Aktion nichts gewusst.
Trump sagte währenddessen in einem Fox-Interview, dass es schlimm wäre, wenn König oder Kronprinz davon gewusst hätten. Das scheint also die Brücke zu sein, über die man dem saudischen Königshaus einen Ausweg aus dem Skandal lassen will. Auch wenn der Westen diese Version wohl gerne glauben will, kann sich jeder selbst überlegen, für wie glaubwürdig man die Version eines eigenmächtigen Generals in einem absolutistisch regierten Land halten kann. Aber noch sind das Gerüchte, wir werden sehen, was das offizielle Riad am Ende mitteilen wird.
Der saudische Generalkonsul in der Türkei, in dessen Konsulat Khashoggi verschwunden ist, ist am 16. Oktober nach Saudi-Arabien abgereist und ist heute Ankündigungen nicht in die Türkei zurückgekehrt, obwohl er einen Rückflug für den 18. Oktober gebucht hatte. Das kann daran liegen, dass UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet hat heute die Aufhebung der diplomatischen Immunität aller saudischen Diplomaten in der Türkei gefordert, damit die türkischen Behörden sie verhören können. In diesem Zusammenhang kann man das Abtauchen des Generalkonsuls durchaus als Versuch werten, einem solchen Verhör aus dem Weg zu gehen. Zumal im Falle der Aufhebung der Immunität sogar eine Verhaftung und Anklage möglich wären.
Obwohl die UN die Aufhebung der diplomatischen Immunität fordert, möchte sich die Bundesregierung dem nicht anschließen und weigert sich nach wie vor, Saudi-Arabien in dieser Sache Vorwürfe zu machen und wartet stattdessen auf „endgültige Untersuchungsergebnisse“. Im Fall Skripal oder bei angeblichen Hackerangriffen aus Russland ist die Bundesregierung mit Beschuldigungen schneller bei der Hand, auch wenn es überhaupt keine Beweise sondern nur unbestätigte Anschuldigungen gibt.
Man fragt sich also, warum die Bundesregierung sich so davor fürchtet, Saudi-Arabien zu kritisieren.
Nachtrag:
In der Nacht von Freitag auf Samstag, zwei Tage nachdem ich dies geschrieben habe, gab Saudi-Arabien zu, dass Khashoggi im Konsulat zu Tode gekommen ist. Angeblich als Folge einer Mischung aus Mißverständnissen und Kompetenzüberschreitungen von niedrigen Beamten. Also in etwa das, was ich schon vermutet habe: Die Schuld wird auf untere Beamte abgeschoben, das Königshaus trifft demnach keine Schuld. Jetzt können wir gespannt sein, wie der Westen reagiert. Trump hat als erste Reaktion signalisiert, dass er den Saudis diesen Unsinn grundsätzlich glauben möchte.
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