Hackerangriffe sind für die Nato ein Kriegsgrund nach Artikel 5 des Nato-Vertrages

Artikel 5 des Nato-Vertrages legt fest, dass ein Angriff auf ein Nato-Land als Angriff auf alle angesehen wird, es ist der sogenannte Bündnisfall. Weniger bekannt ist, was als Angriff in diesem Sinne angesehen werden kann. Neben einem militärischen Angriff gilt auch ein Hackerangriff bereits als ausreichend, um den Verteidigungsfall auszurufen.
 
In Deutschland wurde berichtet, dass die USA auch einen Hackerangriff eines fremden Landes als Grund ansehen, gegen dieses Land militärisch vorzugehen. Das ist schon beunruhigend genug, denn letztendlich kann die Öffentlichkeit gar nicht beurteilen, ob ein Hackerangriff stattgefunden hat und erst recht nicht, von wem er ausging. Das ist schon für Experten schwierig genug, zumal Hacker bei einem Angriff ja auch noch falsche Spuren legen können.
 
Was ich in deutschen Medien aber nicht gelesen habe, ist dass auch die Nato einen Hackerangriff bereits als Kriegsgrund gemäß Artikel 5 sieht.
 
Diese Information habe ich in russischen Medien gelesen, wobei man sich auf ein Interview mit dem Generalsekretär Stoltenberg bezog. Das wollte ich kaum glauben. Aber im Gegensatz zu deutschen Medien verlinken die russischen Medien ihre Quellen fast immer und so war es nicht schwer, das Interview zu finden.
 
Es ist ein Interview, dass auf der in Deutschland recht unbekannten Nachrichtenseite Axios erschienen ist. Axios ist eine von renommierten Journalisten ins Leben gegründete Nachrichtenseite. Als ich über Axios recherchierte, war ich selbst überrascht, noch nie von denen gehört zu haben.
 
In dem Interview, dass Jonathan Swan mit Stoltenberg führte, gab Stoltenberg an, dass die Nato einen Cyberangriff ebenfalls als Bündnisfall im Sinne von Artikel 5 einstufen kann. Er gab aber auch auf hartnäckiges Nachfragen keine Details preis, in welchen Fällen ein Cyberangriff als Rechtfertigung für einen Krieg der Nato gegen ein anderes Land eingestuft wird.
 
Diese Nachricht finde ich beunruhigend, denn wie Show um angebliche russische Einmischung in Wahlen in westlichen Ländern zeigt, kann man über Hackerangriffe alles Mögliche behaupten, ohne es belegen zu müssen. Somit kann die Nato sich bei Bedarf einen Bündnisfall selbst erfinden, ohne das die Öffentlichkeit überprüfen kann, ob es tatsächlich einen Angriff auf ein Nato-Land gab.
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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