Georgischer Krieg mit Russland 2008 – Was haben Poroschenko und Saakaschwili gemeinsam?

Die Äußerungen, die man in diesen Tagen vom ukrainischen Präsidenten Poroschenko hört, erinnern in fataler Weise an Äußerungen des damaligen georgischen Präsidenten Saakaschwili im Jahre 2008. Und seine Äußerungen damals führten zu einem Krieg. Bleibt zu hoffen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt.
 
Im Jahre 2008 regierte in Georgien Präsident Saakaschwili, der sein Land in die Nato führen wollte und sich der Unterstützung der USA sicher glaubte. Mit Hilfe dieser Unterstützung wollte er einen Konflikt lösen, der seit 1991 vor sich hin köchelte. Es ging um die Gebiete der Osseten und Abchasen, die gemäß der Grenzziehungen in Sowjetunion zu Georgien gehören sollten. Jedoch wollten diese kleinen Völker nie Teil Georgiens sein, im russischen Bürgerkrieg nach der Revolution 1918 haben sie jahrelang gegen Georgien gekämpft. Und auch wieder nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991, bis es zu einem von Friedenstruppen überwachten Waffenstillstand kam.
 
Im August 2008 griff Georgien die Gebiete an und beschoss Wohnviertel mir Artillerie und Granaten, es gab viele tote Zivilisten. Russische Truppen kamen erst fast 24 Stunden in dem Gebiet an und vertrieben die Georgier. Eine genauere Chronologie des Kaukasuskrieges, wie man danach nannte, die ich zu einem anderen Anlass geschrieben habe, finden Sie hier.
 
Saakaschwili hatte sich schlicht verrechnet. Vielleicht hatte er geglaubt, Russland würde nicht eingreifen, obwohl bei dem Angriff russische Soldaten, die dort als Friedenstruppen Dienst taten, getötet wurden. Vielleicht spekulierte er darauf, dass Russland sich aus Angst vor einer amerikanischen Unterstützung Georgiens aus der Sache heraushalten würde. Und vielleicht hatte er geglaubt, dass die USA ihm im Falle eine Zusammenstoßes mit Russland zu Hilfe kommen würden.
 
Egal, was in seinem Kopf vorging, er hat sich dazu nie geäußert, er hatte sich verrechnet. Russland griff ein, die USA hielten sich heraus und die georgische Armee wurde innerhalb von fünf Tagen geschlagen.
 
Die Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Poroschenko klingen heute fast genauso, wie die Äußerungen von Saakaschwili damals. Poroschenko verkündet öffentlich, die Nato stehe hinter ihm, er hat sogar von Deutschland um Unterstützung der Bundesmarine gegen Russland gefordert. Er behauptet, die USA würden ihn schützen, auch wenn die USA diese Aussage relativieren. Die USA sagen zwar Schutz für die „territoriale Integrität“ der Ukraine zu, aber nur im Verteidigungsfall. So klangen 2008 auch die Aussagen von Saakaschwili und die Reaktionen aus Washington.
 
Aber ob die USA heute tatsächlich bereit wären, wegen eines Amok laufenden ukrainischen Präsidenten, der Angst um seine Wiederwahl hat, einen Krieg mit Russland zu riskieren, darf bezweifelt werden. Hoffe ich jedenfalls. Für den damals Amok laufenden georgischen Präsidenten waren die USA dazu nicht bereit.
 
Zumal es den USA recht egal sein kann, wer in der Ukraine der nächste Präsident wird, denn alle Kandidaten mit Siegchancen bei der Wahl sind klar pro-amerikanisch.
 
Poroschenko könnte sich, ähnlich wie seinerzeit Saakaschwili, dazu verleiten lassen, einen Konflikt mit Russland zu riskieren. Genau wie Sakaschwili lässt der Westen Poroschenko mit seinen Provokationen weitgehend gewähren. Auch der Westen scheint aus den Vorgängen von 2008 nichts gelernt zu haben.
 
Als Poroschenko am Sonntag ukrainische Kriegsschiffe in die russischen Gewässer bei Kertsch schickte, da hat niemand ihn kritisiert und inzwischen unterstützen ihn die westlichen Medien ganz offen. Das ist fatal und könnte ihn glauben machen, der Westen würde ihn bedingungslos unterstützen.
 
Dabei müsste er aus dem Beispiel von Saakaschwili gelernt haben, denn die beiden kennen sich seit der Uni und nachdem Saakaschwili in den Georgien die Macht verloren hatte und dort mit Haftbefehl gesucht wurde und bis heute wird, versteckte dieser sich zunächst in den USA, um dann in die Ukraine zu gehen, wo er von Poroschenko zum Gouverneur von Odessa ernannt wurde. Freilich nicht für lange, denn schnell gerieten die beiden Studienfreunde und Machtmenschen aneinander und Saakaschwili wurde wieder abgesetzt.
 
Man kann nur hoffen, dass Poroschenko zumindest auf diplomatischen Kanälen klar gemacht wird, dass er seine Karten nicht überreizen darf. Noch mehr muss man hoffen, dass der Westen nicht eine von Poroschenko verschuldete Provokation durchgehen lässt, bei der am Ende die Nato die Ukraine in einem offenen Krieg gegen Russland unterstützt.
 
Poroschenko behauptet nun, das Russland eine Invasion in die Ukraine plant. Diese alte Leier haben wir 2014, während des Ukraine-Konfliktes alle paar Wochen gehört, nur ist es eben nie passiert. Auch jetzt hat Russland keinen Grund, die Ukraine anzugreifen.
 
Aber Poroschenko braucht einen äußeren Feind, um an der Macht zu bleiben. Seine Chancen bei der Wahl im März sind gleich Null. Eine Analyse des Vorfalls von Kertsch finden Sie hier.
 
Bleibt zu hoffen, dass er zum eigenen Machterhalt nicht bis zum Letzten geht.
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Schreibe einen Kommentar