Die „Russlandaffäre“ – Fakten und Unterstellungen im Überblick

In täglichen Artikeln erzählen uns die Medien, dass Russland sich angeblich in Wahlen im Westen einmischt, vor allem in die Wahl Trumps zum US-Präsidenten. Und es geht um die Ermittlungen von Sonderermittler Mueller. Dabei wird laufend der Eindruck erzeugt, dass die russische Einmischung de facto erwiesen ist und es nur noch um Details und daraus folgende Verurteilungen geht. Jedoch ist bisher nichts bewiesen worden, es wurden noch nicht einmal Belege vorgelegt. Und die ersten Prozesse, die jetzt anstehen, beschäftigen sich mit Steuerdelikten und ähnlichem von Mitarbeitern von Trumps Wahlkampfteam. All dies hat, trotz der täglichen Suggestionen durch die Presse, nichts mit Trump, Russland oder dem Wahlkampf zu tun.
Der Spiegel hat einen Artikel veröffentlicht, der unter der Überschrift „Im Überblick: Worum es in der Russlandaffäre geht“ auf alle Punkte eingeht. So könnte man meinen, jedoch ist hier eine Menge Desinformation enthalten, wie wir gleich sehen werden, wenn wir die Behauptungen des Spiegel mit den bekannten Fakten abgleichen.
Im ersten Punkt „Worum geht es in der Russlandaffäre? gibt der Spiegel einen sehr allgemeinen Überblick, stellt jedoch noch keine Behauptungen auf, die man diskutieren könnte, sondern es wird die Kernfrage gestellt „Haben Donald Trump und sein Team im Wahlkampf 2016 mit dem Kreml paktiert, um dem damaligen Kandidaten der Republikaner zur Präsidentschaft zu verhelfen?
Im zweiten Punkt fragt der Spiegel: „Hat Russland die US-Wahl 2016 manipuliert? Schon die Frage ist eigentlich falsch, denn „Wahlmanipulation“ klingt nach Wahlfälschung und darum geht es ja nun wirklich nicht. Es geht vielmehr um die Frage, ob die Russen irgendwie Einfluss auf die öffentliche Meinung in den USA genommen haben. Und schon dieser Vorwurf durch die USA ist eigentlich sehr frech, schließlich geben die USA ihrerseits offen zu, dass sie ständig Einfluss auf die öffentliche Meinung in anderen Ländern nehmen, um dort die Politik oder auch Wahlen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Aktuell sehen wir das beim Iran, wo die USA ganz offen sagen, dass sie zwar keinen Regime-Change anstreben (soll man das glauben?), aber zugeben, dass sie über die öffentliche Meinung im Land Druck auf die Regierung ausüben möchten. So schrieb der Spiegel hierzu am 22. Juli: „Die US-Regierung hat eine offensive Kampagne von Reden und Online-Aktionen gestartet, die in Iran für Unruhe sorgen soll und den Druck auf die iranische Regierung erhöhen … Die Kampagne über Twitter und der farsischen Abteilung der Regierungswebseite „Share America“ lasse die iranische Regierung in einem sehr schlechten Licht dastehen. Teilweise würden Informationen übertrieben oder widersprächen sich, kritisierten US-Experten. … Die Kampagne der letzten Wochen wendet sich gezielt an iranische Bürger. Auf „Share America“ veröffentlichte die US-Regierung Artikel in Farsi darüber, dass der Unmut und die Proteste gegen die Regierung Hassan Ruhanis innerhalb der Bevölkerung wüchsen.
Dies übertrifft an Einmischung alles, was die USA den Russen in Bezug auf den Wahkampf 2016 an Eimmischung vorwerfen. Man kann also hier schon mal festhalten, dass die USA in änderen Ländern etwas tun, was sie im eigenen Land unter strenge Strafe stellen. Leider stellt der Spiegel – und auch die anderen deutschen Medien – diesen Zusammenhang in der Berichterstattung über den US-Wahlkampf nicht her und stellt auch keine kritischen Fragen dazu. Dabei könnte man doch fragen, warum die USA sich das Recht nehmen, in anderen Ländern etwas zu tun, was sie bei sich unter keinen Umständen dulden.
Aber zurück zu der Frage, ob Russland denn die Wahl „manipuliert“ hat, wie der Spiegel fragt. Es wird auf Erkenntnisse der Geheimdienste verwiesen, die zu dem Schluss gekommen seien, dass „Putin 2016 … eine Einflusskampagne befohlen hatte“, welche das „Vertrauen der US-Bürger in den demokratischen Prozess schwächen, Hillary Clinton schaden und Donald Trump helfen“ sollte. Dem hätte sich auch der Geheimdienstausschuss des Senats angeschlossen.
Nun ist das Problem, dass es diese Anschuldigungen gibt, aber keinerlei Belege oder Beweise. Und wenn Geheimdienste etwas ohne Belege behaupten, muss ich immer an die Massenvernichtungswaffen im Irak denken. Wenn es so gewesen wäre und tatsächlich Beweise vorliegen, dann sollten diese öffentlich gemacht werden. Ansonsten sind es unbelegte Unterstellungen und sollten auch so genannt werden.
Dann wird noch behauptet, auch Trump hätte das nach Druck „mit Einschränkungen einräumen müssen“ Dies ist wiederum glatt gelogen, denn Trump hat lediglich gesagt, dass es natürlich möglich ist, dass Russland versucht haben könnte, die Wahl zu beeinflussen. Mehr aber auch nicht.
Die dritte Frage des Spiegel ist „Wie hat sich Russland den Ermittlern zufolge eingemischt? Zunächst wird von einem „Cyber-, Propaganda- und Spionage-Feldzug“ Russlands gesprochen, jedoch wieder ohne Details zu nennen, dabei sind diese interessant.
Denn tatsächlich geht es hier darum, dass es auf Facebook bezahlte Werbung im Wert von 100.000 Dollar gegeben haben soll und dass die Spur nach Russland zurückverfolgt werden konnte. Nun gibt es aber auch hier keinerlei Beweise, nur Behauptungen. Aber selbst wenn das wahr wäre, wie soll Facebook-Werbung für 100.000 Dollar einen Wahlkampf beeinflussen, der die beiden Kandidaten zusammen knapp zwei Milliarden für Wahlwerbung gekostet hat? Man will uns weismachen, dass Russland für 0,005% der Gesamtkosten das Ergebnis beeinflussen konnte? Wenn das so wäre, dann wären die Russen wirklich Marketing-Genies. Aber wie gesagt, es gibt ja keine Belege dafür, nur Behauptungen der Geheimdienste.
Das „Herzstück der Attacke“ bildete angeblich eine Kampagne gegen Hillary Clinton, wie der Spiegel weiter schreibt. Schon die Formulierung ist natürlich übertrieben. Aber was sind die Fakten ?
Die Frage ist also, worum ging es in den E-Mails und Dokumenten, die dort veröffentlicht wurden. Und die sind brisant, denn unter anderem belegen diese Mails, dass im damaligen Vorwahlkampf die Parteiführung der Demokraten Clinton bevorzugt hat und versucht hat, einen Sieg des aussichtsreichen Gegenkandidaten Sanders zu verhindern. Also ein klarer Verstoß nicht nur gegen die demokratischen Gepflogenheiten sondern auch gegen Gesetze. Die Vorsitzende der Partei trat auch umgehend zurück und danach hörte man von diesem Fall nichts mehr.
Das bedeutet, dass Wikileaks – egal, wer Wikileaks die Daten geliefert hat – eigentlich einen politischen Skandal aufgedeckt hat, der Clinton sehr schaden konnte, ja sogar zu Anklagen hätte führen können. All dies ist jedoch nicht passiert, stattdessen wird seitdem behauptet, Russland hätte die Daten gehackt und Daten gestohlen, während Wikileaks sagt, die Mails kämen von einem Informanten innerhalb der Partei. Ein klassisches Ablenkungsmanöver: Es wird, ohne Belege zu liefern, Russland des Diebstahls beschuldigt, Unregelmäßigkeiten bei den Vorwahlen der Demokratischen Partei werden jedoch unter den Teppich gekehrt.
Ein weiterer Vorwurf ist, dass das Team von Trump Kontakt mit Russen gehabt haben soll. Aber selbst wenn, es ist normal in Wahlkämpfen, dass Vertreter anderer Länder sich mit den Teams der Kandidaten treffen, um herauszufinden, welche Politik sie im Falle eines Wahlsieges zu erwarten haben. Wenn deutsche Politiker sich im Wahlkampf mit dem Team von Clinton oder vorher von Obama trafen, war das nichts besonderes. Oder erinnern Sie sich noch an den ersten Wahlkampf von Obama, als er eine Rede in Berlin halten durfte und dafür wichtige Straßen im Zentrum gesperrt werden mussten? Dafür brauchte es sehr engen Kontakt mit deutschen Behörden bis hin zur Regierung, die das genehmigen musste. War aber alles kein Problem, nun im Falle Russlands sind schon einfache Gespräche mit dem russischen Botschafter in den USA ein Vorgang, der einen Sonderermittler auf den Plan ruft.
Die vierte Frage des Spiegel ist „Was soll Mueller untersuchen? Und die Antwort ist einfach und steht auch im Artikel: Er soll alles auf Verbindungen und Absprachen zwischen der russischen Regierung und dem Wahlkampfteam von Trump untersuchen. Und wenn er dabei auf andere Vergehen stößt, die damit nichts zu tun haben, darf er auch diese untersuchen und Anklage erheben, was in einigen Fällen schon geschehen ist, wie wir unter Punkt 6 der Liste des Spiegel noch sehen werden.
Die fünfte Frage lautet „Worauf konzentrieren sich die Ermittlungen bisher?“
Der Spiegel weist einleitend darauf hin, dass schon mehr als 30 Personen und Firmen in über 100 Punkten angeklagt wurden. Nur vergißt er zu erwähnen, dass bisher kein Verfahren geführt wird, in dem es tatsächlich um die Beeinflussung der Wahl geht.
Dann werden konkrete Punkte aufgelistet. Zunächst der Vorwurf der digitalen Kampagne und wieder die Emails von Hillary Clinton. Angeklagt wurden 13 Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes GRU. Das klingt gut und wird ständig wiederholt. Und egal, wie unsinnig die Anklagen sind und wie wenig Belege es gibt, man kann diese Anklage immer wieder zitieren, ohne Gefahr zu laufen, dass jemals Details nachgefragt werden, denn zu einem Prozess wird es nie kommen, weil Russland diese Menschen nicht in die USA ausliefern wird.
 
Hinzu kommt, dass es sich nicht einmal sicher um Geheimdienstler handelt, es wird nur behauptet, sondern um Privatpersonen und Firmen. Und hierzu sagt auch Putin völlig zu Recht, dass dies nicht der russische Staat ist und dass Putin nicht ausschließen könne, dass so etwas vorgekommen sein kann. Und der verweist darauf, dass dies auch in den USA geschieht, wenn z.B. ein Herr Soros sich völlig offen und unbestritten in Wahlen und Politik anderer Staaten einmischt.
Weiter geht es mit der Frage, ob Trumps Umfeld Kontakte mit Russland hatte und wenn ja welche und zu welchem Zweck.
Der nächste Punkt ist mögliche Strafvereitelung und Amtsmissbrauch und Trumps Amtszeit und als letztes geht es um die Frage, ob Trump Geschäfte in oder mit Russland gemacht hat, wobei dies ja an nichts strafbares ist.
Die sechste Frage des Spiegel ist „Geht Mueller bereits gegen Trumps Wahlkampfteam vor? Und der Spiegel antwortet sofort mit „Ja.
Allerdings vergisst der Spiegel hier wieder zu erwähnen, dass es bei den von ihm erwähnten Verfahren gegen Manafort und andere gar nicht um Russland oder Trump oder den Wahlkampf geht, sondern um Steuerhinterziehung und ähnliche Delikte. Es wird hier von Spiegel suggeriert, es ginge um die „Russlandaffäre“, was aber eben nicht der Fall ist. Details zu diesem Thema finden Sie hier.
Die siebte Frage des Spiegel ist „Gibt es in der Russlandaffäre noch weitere Untersuchungen? und der Spiegel bringt hier nur einen ganzen Satz zu dem Verfahren gegen Michael Cohen, Trumps ehemaligen Anwalt. Nun muss aber wissen, dass es hier zwar teilweise um den Wahlkampf geht, aber eben nicht um Russland. Im Kern geht es um die Frage, ob Trump 10 Jahre vorher eine Affäre gehabt hat und ob er in diesem Zusammenhang 150.000 Schweigegeld an die Frau gezahlt hat, um negative Schlagzeilen im Wahlkampf zu vermeiden. Also auch hier kein Bezug zur „Russlandaffäre“, obwohl der Spiegel in der Frage etwas anderes suggeriert.
Und die letzte Frage des Spiegel ist „Hat sich Donald Trump erpressbar gemacht?“ Und der Spiegel antwortet auch gleich wahrheitsgemäß „Beweise dafür gibt es bis dato nicht“, womit eigentlich alles gesagt wäre.
Trotzdem läßt sich der Spiegel danach noch recht ausführlich über Gerüchte aus, wobei „zwei Themen diskutiert“ würden, nämlich „Sex und Geld“. Und so geht es auch tatsächlich auf dem Niveau des Boulevard-Journalismus um Gerüchte und Vorwürfe, die jedoch durch nichts belegt, dafür aber nützlich sind, wenn man den Leser daran erinnern will, dass Trump ein ganz undurchsichtiger Typ ist.
Fazit: Es liegen in der sogenannten „Russlandaffäre“ keine Beweise oder Belege vor. Es geht um unbelegte Vorwürfe der Geheimdienste und politischen Gegner und alle bislang erhobenen Anklagen haben nichts mit Trump, Russland oder dem Wahlkampf zu tun. Trotzdem suggerieren uns die Medien täglich etwas anderes.
Für weitere Informationen verweise ich auf folgende Beiträge:
 
 
 
Nachtrag: Am 10. August 2018 kam ein Video von 1,5 Stunden Länge auf dem youtube Kanal ExoMagazinTV heraus, das die in meinem Beitrag genannten Fakten sehr fundiert noch detaillierter aufzeigt, als mir dies hier in einem kurz gehaltenen schriftlichen Blog-Beitrag möglich ist. Das Video beginnt etwas langatmig mit Smalltalk und Danksagungen an Unterstützer, der eigentliche Inhalt beginnt ab ca Minute 10, danach wird es allerdings umso interessanter.
Nachtrag 2: Im Dezember 2018 wurde ein Skandal um Wahlen in den USA bekannt, bei dem ein Kandidat der Demokratischen Partei für 100.000 Dollar eine Firma beauftragte, damit sie „russische Troll“-Accounts einrichtet, die den Kandidaten der Republikaner unterstützen und dies sollte dann im Wahlkampf gegen ihn genutzt werden, weil er angeblich von Russland unterstützt wurde. Pikant daran: Die gleiche Firma verfasste die Berichte für die Abgeordneten in Washington, die die russische Wahleinmischung in verschiedene Wahlen in den USA belegen sollten. Hier finden Sie dazu einen Artikel, der dies mit vielen Quellen aufzeigt.
Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Eine Antwort

  1. Bei der siebten Frage des Spiegel: „Gibt es … noch weitere Untersuchungen?“, geht es im Kern um die Frage, ob Trump 10 Jahre vorher eine Affäre gehabt hat und ob er in diesem Zusammenhang 150.000 Schweigegeld an die Frau gezahlt hat, um negative Schlagzeilen im Wahlkampf zu vermeiden.

    Dazu schreibt der ehemalige Präsident des thüringischen Verfassungsschutzes in seinem Buch „Spygate“ S. 21 f:
    „Weil nun die … einschlägigen Damen seit Clintons Tagen [Monica-Lewinsky-Affäre] Lunte gerochen haben, gehört es in den USA zum schönen Brauch, gegen Amtsträger mit Vorwürfen über sexuelle Belästigungen, wenn nicht Vergewaltigungen, vorzugehen. Diesem Bedürfnis oblag auch Stephanie Gregory Clifford, von Beruf Pornodarstellerin mit dem Künstlernamen Stormy Daniels, die gegen den als Weiberheld verschrienen Donald Trump mit entsprechenden Vorwürfen (es ging um eine angebliche Affäre aus dem Jahre 2006) zu Felde zog.

    Gegen solcherlei weibliche Angriffe hat sich in den USA eine Praxis herausgebildet, die man kennen muß, weil sonst die ganze Affäre gegen den Kandidaten und nachmaligen Präsidenten nicht recht verständlich ist. Wenn der Prominente wohlhabend ist, macht er mit der Frau, die ihn beschuldigt, einen Deal. Gegenstand dieser Abmachung ist eine Geldzahlung bei gleichzeitigem Bestreiten der Vorwürfe. Die Kontrahentin nimmt Geld und Erklärung zustimmend an und verpflichtet sich zudem zu einer Strafzahlung, wenn sie das Schweigen über den Vorgang brechen sollte. So verfuhr vor Jahren auch Trump in Sachen Stormy Daniels. Kluge Frauen pflegen sich an solche Abreden zu halten.“

    Wie Roewer weiter schreibt, war Stormy Daniels anscheinend nicht so klug und brachte die besagte 10 Jahre alte Affäre anläßlich von Trumps Wahlkampf (zum Jubel der Presse) „züchtig verhüllt“ vor Gericht.

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